Rasagilin kann bei Morbus Parkinson als Monotherapie oder in Kombination mit Levodopa angewendet werden. Die Levodopa-Dosis kann in dieser Kombinationstherapie gewöhnlich verringert werden, da durch Rasagilin der Wirkungsverlust von Levodopa verringert bzw. hinausgezögert wird. Dieie Studienlage und Evidenz ist für Selegilin deutlich schlechter als für Rasagilin, so dass die aktuelle Leitlinie (2016) eine Empfehlung gegen Selegilin und für Rasagilin ausspricht.
Bei der Anwendung in einer Kombination mit Levodopa müssen weitere unerwünschte Wirkungen und Kontraindikationen beachtet werden!
Beim Morbus Parkinson handelt es sich neben der Demenz um eine der häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen, also eine Erkrankung die mit einem Untergang von Nervengewebe einhergeht. An ihr sind auf die Gesamtpopulation gerechnet 200 von 100000 Einwohnern erkrankt. Da es sich aber vornehmliche um eine Erkrankung des höheren Lebensalters handelt, liegt hier die Erkrankungshäufigkeit bei ca. 2 % der Einwohner, die älter als 65 Jahre sind.
Das Leitsymptom des Morbus Parkinson ist die Brady-/Akinese, das heißt die Verlangsamung von Bewegungs- und Handlungsabläufen, wobei es sich hierbei nicht nur um eine Verlangsamung der motorischen Ausführung, sondern auch von deren Planung handelt.
Beim Parkinson-Syndrom liegt die Akinese und mindestens ein weiteres Kardinalsymptom vor:
- ein Rigor der Muskulatur (Muskelsteifigkeit)
- ein grobschlägiger Ruhetremor (Zittern)
- posturale Instabilität (Störung der aufrechten Körperhaltung durch eingeschränkte Körperspannung)
Als weitere mögliche Symptome können auftreten:
- psychische Symptome wie Depression
- kognitive Symptome (bis hin zu Demenz)
- vegetative Symptome (erniedrigter Blutdruck, Blasenfunktionsstörungen in Form von gesteigerten Harndrang, sexuelle Funktionsstörungen)
- sensorische Symptome (Riechstörungen, Schmerzwahrnehmung etc.)
Das klinische Bild zeichnet sich durch Patienten aus, welche eine vorgebeugte Körperhaltung aufweisen, kleine schlurfende Schritte machen und eine Gangunsicherheit zeigen, welche mit einer erhöhten Sturzgefahr einhergeht. Während geplante Bewegungsabläufe schwerfallen, sind Bewegungen, welche auf Kommando erfolgen sollen, teils problemlos umsetzbar. Darüber hinaus sind klassische klinische Zeichen das ausdruckslose Gesicht durch Verlust oder Einschränkung der Mimik (sog. Maskengesicht), welches zusätzlich durch eine eventuelle Überproduktion an Talg eine glänzende Oberfläche aufweist (Salbengesicht), sowie ein niederfrequentes Zittern der Hände, welches während der Bewegung weniger wird. Ebenfalls kommt es bei den Patienten zu einer scheinbar übermäßigen Speichelproduktion, welche aber nur Zeichen einer auftretenden Schluckstörung ist, da Parkinson-Patienten seltener schlucken als Gesunde.
Die pathophysiologische Ursache für diesen Symptomkomplex ist der Untergang bestimmter Neuronen im zentralen Nervensystem, genauer gesagt ein Untergang dopaminerger Neurone in der Substantia nigra, welche zu den sogenannten Basalganglien gehört. Diese Region im ZNS trägt ihren Namen (schwarze Substanz) wegen ihrer dunklen Färbung, welche durch den hohen Gehalt an Melanin und Eisen bedingt ist. Sie ist Teil einer komplexen Regelschleife, welche von der Großhirnrinde ausgeht, zu den Basalganglien zieht, die ihrerseits zum Thalamus als Filter für Bewegungsprozesse projizieren und dieser seinerseits wiederum Signale zurück zur Großhirnrinde sendet.
Die Funktion der Substantia nigra hierbei innerhalb der Basalganglien ist es, mithilfe dopaminerger Transmission die hemmende Wirkung des Striatums (durch gabaerge Transmission) auf den Thalamus zu hemmen. Diese Hemmung der Hemmung führt also zu einer Aktivierung des Thalamus und damit zu einer Aktivierung von Bewegungsprozessen. Kommt es durch die Degeneration von dopaminergen Neuronen der Substantia nigra zu einem Dopaminmangel, so stellt sich ein Ungleichgewicht zugunsten der gabaergen Neurotransmission ein, wodurch der Thalamus als Filter gehemmt wird und Bewegungsabläufe unterdrückt werden. Zusätzlich kommt es zu einem Überangebot von Acetylcholin, welches in Interneuronen eine Rolle spielt, welche sonst ebenfalls durch Dopamin gehemmt werden.
Bei den meisten Erkrankten ist der Grund für das Erkranken unbekannt, sodass es sich um einen idiopathischen Morbus Parkinson handelt. Bei einigen Patienten, vorrangig jüngeren Alters ist eine genetische Prädisposition bekannt. Beide Gruppen bilden den primären Morbus Parkinson.
Bei einem wesentlich kleineren Kollektiv sind die Ursachen für die Erkrankung bekannt. Hier können z. B. intrazerebrale vaskuläre Erkrankungen eine Minderperfusion der entsprechenden Hirnareale verursachen. Auch Traumata des Hirns (z. B. durch Boxen oder Verkehrsunfälle), Intoxikationen oder Stoffwechselerkrankungen können einen Morbus Parkinson hervorrufen. In diesen Fällen spricht man von einem sekundären Morbus Parkinson.
Eine weitere, recht häufige Ursache einen parkinsonoiden Krankheitszustand zu bedingen, ist die Therapie psychiatrischer Patienten mit Neuroleptika. Hierbei handelt es sich klassischer Weise um Substanzen, welche die dopaminerge Transmission im ZNS unterbinden, da eine gesteigerte dopaminerge Transmission ursächlich an manchen psychiatrischen Erkrankungen wie der Schizophrenie seien soll.
Therapie
Medikamentös kann die Parkinson-Erkrankung zurzeit nur symptomatisch behandelt werden. Derzeitige Therapieziele sind somit die Besserung der verschiedenen Symptome zur:
- Erhaltung der Berufstätigkeit,
- Erhaltung der Selbstständigkeit,
- Verbesserung der Lebensqualität sowie
- im fortgeschrittenen Stadium die Reduktion der Pflegebedürftigkeit.
Derzeit zur Verfügung stehende Arzneimittel zur Parkinsonbehandlung sind Levodopapräparate, Dopaminrezeptoragonisten, MAO-B-Hemmer, COMT-Hemmer, Anticholinergika und NMDA-Rezeptor-Antagonisten. Die Dopaminrezeptoragonisten werden weiter unterteilt in ergoline (Bromocriptin, Cabergolin) und nicht-ergoline Substanzen (Pramipexol, Ropinirol, Rotigotin, Pirebedil). Diese Arzneimittel beeinflussen auf unterschiedliche Weise das Neurotransmitterverhältnis. Ziel ist dabei immer eine Verschiebung zu Gunsten von Dopamin bzw. zu Ungunsten von Acetylcholin oder Glutamat.
Die aktuelle Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (2016) gibt Therapieempfehlungen zu den einzelnen Wirkstoffklassen im Frühstadium der Erkrankung und im fortgeschrittenen Stadium.
Im frühen Stadium sollen MAO-B-Hemmer, Dopaminagonisten oder Levodopa verwendet werden. Die Auswahl der Substanzen richtet sich hier z. B. nach dem Alter des Patienten, den unterschiedlichen Effekten auf die verschiedenen Symptome und den Nebenwirkungen. Dopamin-Agonisten haben beispielsweise eine geringere Wirksamkeit und mehr Nebenwirkungen als Levodopa, aber weniger Wirkfluktuationen und Dyskinesien nach längerer Therapiedauer. Daher werden Dopamin-Agonisten bei jüngeren Patienten bevorzugt eingesetzt, wobei die ergolinen Substanzen nur verwendet werden, wenn die nicht-ergolinen keine ausreichende Wirkung zeigen.
Levodopa soll in möglichst niedriger, aber wirksamer Dosis eingesetzt werden, um das Auftreten von Fluktuationen und Dyskinesien zu verzögern.
Anticholinergika sind nicht Mittel der ersten Wahl, weil sie im Vergleich zu den anderen Wirkstoffklassen ein schlechteres Nutzen-Risiko-Verhältnis haben. Bei geriatrischen Patienten sind sie kontraindiziert.
Für Amantadin als NMDA-Rezeptor-Antagonist (Wirkmechanismus allerdings nicht völlig geklärt) gibt es keine ausreichenden Nachweise für Wirksamkeit und Sicherheit im frühen Krankheitsstadium.
Im fortgeschrittenen Stadium wird die Therapie des Frühstadiums beibehalten und ggf. mit anderen Parkinsonmitteln kombiniert.
Es sollen nicht-ergoline Anticholinergika oder der MAO-B-Hemmer Rasagilin dann zusammen mit Levodopa eingesetzt werden, wenn es motorische Komplikationen mit sogenannten „Off-Phasen“ gibt. Auch der COMT-Hemmer Entacapon wird eingesetzt, um die motorischen Fluktuationen bei Levodopa-Therapie zu kontrollieren.
Amantadin kann eingesetzt werden, wenn sich durch Levodopa-Therapie Dyskinesien entwickelt haben.
Nicht medikamentöse Therapie
Seit einigen Jahren steht für bestimmte Patienten mit idiopathischem Morbus Parkinson die sogenannte "tiefe Hirnstimulation" zur Verfügung. Es handelt sich hierbei um eine Art Hirnschrittmacher, welcher neurochirurgisch in den Bereich der Basalganglien implantiert wird. Dieser Schrittmacher führt zu einer Abmilderung der Symptome Akinese, Rigor und Tremor. Wegen der nicht zu unterschätzenden Risiken (Eingriff am offenen Schädel) ist dieser Eingriff nur für Patienten indiziert, welche unter schwer oder nicht medikamentös einstellbaren Wirkfluktuationen oder Tremor leiden oder bei denen eine besondere Gefahr zur Entwicklung einer Psychose unter Einsatz von Levodopa- oder Dopaminagonisten-Präparaten besteht.
Alle Patienten mit idiopathischem Morbus Parkinson sollen laut der aktuellen Leitlinie (2016) Zugang zu physiotherapeutischer Behandlung haben. Dabei werden Gangtraining, Gleichgewichtsübungen, Kraft- und Dehnungsübungen sowie die Sturzprävention in den Vordergrund gestellt. Treten Sprechstörungen auf, ist auch eine logopädische Behandlung angezeigt.
Auch Ergotherapie wird empfohlen, um durch beispielsweise berufsbezogenes Training oder Anpassungen im Wohnraum berufliche und familiäre Aktivitäten weiterhin möglich zu machen und die Autonomie des Patienten zu erhalten.
Wichtig ist auch die umfassende Aufklärung und Einbeziehung des Patienten und der Angehörigen, um Lebensqualität, Stimmung und auch die Compliance zu fördern.