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          < Baricitinib >

Baricitinib

 

Wirkmechanismus

Selektiver und reversibler Inhibitor von Januskinase JAK1 und JAK2

Anwendung

Mittelschwere bis schwere aktive rheumatoider Arthritis

Baricitinib wird angewendet bei Patienten, die auf eine vorangegangene Behandlung mit einem oder mehreren krankheitsmodifizierenden Antirheumatika unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben. Eine Monotherapie oder eine Kombination mit Methotrexat ist möglich.

Bei den Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises liegt kausal ein autoimmunologisches Phänomen zugrunde, welches zusätzlich einer gewissen genetischen Prädisposition bedarf. Wie bei anderen autoimmunologisch bedingten Erkrankungen auch, ist der auslösende Trigger oftmals unbekannt.
Es kommt zu einer Aktivierung des Immunsystems indem sich Autoantikörper verschiedener Subklassen (sogenannte Rheumafaktoren) (IgM, IgG, IgA, IgE) gegen den konstanten Teil (Fc-Teil) von körpereigenen IgG-Antikörpern richten. Nach der Bindung des Rheumafaktors an den Antikörper wird die Autoimmunreaktion unter Beteiligung des humoralen und zellulären Immunsystems ausgelöst. Durch die Freisetzung von Zytokinen (regulatorische Proteine zur Signalübertragung zwischen Zellen), die als Entzündungsmediatoren fungieren wird eine Entzündungsreaktion in Gang gesetzt.
Dieses äußert sich in den klassischen Entzündungsanzeichen Rötung, Schwellung, Hitze, Schmerz und Funktionsbeeinträchtigung, wobei Prostaglandine und andere Gewebshormone eine tragende Rolle spielen.
Es kommt zur Zerstörung von Gelenkknorpel und Knochengewebe sowie zur Bildung eines bindegewebsartigen Pannus (Vergrößerung des Gewebes durch Granulationsgewebe und Entzündungszellen). Damit die Entzündungsreaktion aufrechterhalten werden kann und um weitere Immunzellen zur Einwanderung in das entzündete Gelenk zu bewegen, schütten Makrophagen und T-Zellen proinflammatorische Zytokine aus; von besonderem Interesse sind hier der Tumornekrosefaktor α (TNF-α) sowie das Interleukin 1 (IL-1). Nehmen die proinflammatorischen Zytokine überhand, kommt es u. a. zu folgenden Reaktionen:

  • Vermehrte Ausschüttung des jeweils anderen Zytokins durch die Anwesenheit von TNF-α bzw. IL-1
  • Aktivierung von knochenabbauenden Osteoklasten
  • Abbau des Gelenkknorpels
  • Beschleunigung des Pannuswachstums
  • Vermehrte Synthese weiterer Entzündungsmarker

Bei Nichttherapie dieses Geschehens erfolgt langfristig eine Zerstörung der entsprechenden Gewebsstrukturen, was bei Erkrankungen von Gelenken eine Versteifung des entsprechenden Gelenks zur Folge hat.

Neben der Anwendung von direkt antiphlogistisch wirksamen Substanzen, welche in der akuten Schmerzphase zum Einsatz kommen, werden in der Rheumatherapie sogenannte Basistherapeutika (langwirksame Antirheumatika, disease modifying antirheumatic drug, DMARD) eingesetzt. Hierbei handelt es sich in der Regel um Immunmodulatoren, die in synthetische (z. B. Methotrexat) und biologische DMARDs (z.B. Adalimumab) unterschieden werden können. So besteht eine Therapieoption darin, das Gleichgewicht von pro- und antiinflammatorischen Zytokinen durch DMARDs wieder herzustellen.
Bis zum Wirkeintritt, der häufig mit einer deutlichen Besserung der Beschwerden einhergeht, können jedoch mehrere Wochen vergehen.
Sollte es nur zu einer unzureichenden Besserung des Krankheitsverlaufes kommen, können auch mehrere DMARDs gleichzeitig zum Einsatz kommen.

Mittelschwere bis schwere atopische Dermatitis

Der atopischen Dermatitis, welche auch als Neurodermitis bekannt ist, handelt es sich um eine Hauterkrankung, welche sich durch eine erhöhte Entzündungsbereitschaft, trockene Haut und starken Juckreiz bemerkbar macht. Die Ursachen dieser Erkrankung sind nicht gänzlich geklärt, aber es scheint als sei durch genetische Faktoren die Barrierefunktion der Haut gestört. Dadurch können Reizstoffe, aber auch physikalische Reize wie Kälte schneller zu einer inadäquaten Immun/Entzündungsreaktion führen. Da der Patient einen starken Juckreiz verspürt, kratzt er die entsprechende Hautpartie teils blutig, sodass die Hautbarriere weiter gestört wird, welches ein Eindringen von Keimen in die Haut ermöglicht, wodurch der Entzündungsprozess weiter geschürt wird.

Immunsuppressiva sind bei der atopischen Dermatitis als ultima ratio anzusehen, wenn andere immunmodulierende Substanzen und Antihistaminika nicht mehr ausreichend wirksam sind.

Schwere Alopecia areata

Bei Alopecia areata handelt es sich um einen akut einsetzenden, entzündlich bedingten Haarausfall. Dieser findet ohne Vernarbung der Haarfollikel statt.

Das Ausmaß ist sehr unterschiedlich. Betroffen können sein:
  • Mehrere gut abgrenzbare, kreisrunden bis ovalen Bereichen der Kopfhaut: Umschriebene Alopecia areata
  • Die gesamte Kopfhaut: Alopecia totalis
  • Die gesamte Körperbehaarung: Alopecia universalis

Es treten sehr unterschiedliche Verlaufsformen auf. Der Haarausfall kann kontinuierlich fortschreiten, es kann zu einem Wechsel zwischen Exazerbation und Remission kommen, aber auch ein plötzliches Verschwinden ist möglich.

Dosierung

1 x täglich 2-4 mg peroral

Patientenhinweis

Die Patienten sollten vor Therapiebeginn auf Tuberkulose und Virushepatitis getestet werden.
Frauen im gebärfähigen Alter müssen zuverlässig verhüten.
Der behandelnde Arzt sollte über Infektionen informiert werden.
Vor Beginn der Therapie sollten alle Immunisierungen gemäß der geltenden Impfempfehlungen durchgeführt werden.
Es sollten regelmäßig die Laborwerte überprüft werden.

Nebenwirkungen

  Infektionen

Sehr häufig kommt es zu Infekten der oberen Atemwege und häufig zu Pneumonien.

Es kann zu Reaktivierung von Herpes zoster kommen. Herpes zoster trat in klinischen Studien bei rheumatoider Arthritis häufig und bei atopischer Dermatitis sehr selten auf.

  Übelkeit, Bauchschmerzen, Divertikulitis

  Kopfschmerzen

  Tiefe Venenthrombosen

  Thromboembolien

  Leberfunktionsstörungen, Transaminaseanstieg

In Studien kam es zu Erhöhungen der Lebertransaminasen um das 5 bis 10fache der Obergrenze, wobei er bei einer Kombinationstherapie mit Methotrexat häufiger auftrat. Wenn eine arzneimittelbezogene Leberschädigung vermutet wird, ist die Behandlung mit Baricitinib zu unterbrechen, bis die Diagnose ausgeschlossen werden kann.

  Hypercholesterinämie, LDL-Erhöhung, Gewichtszunahme

Die Lipidparameter sollten 12 Wochen nach Behandlungsbeginn und danach weiter regelmäßig kontrolliert werden. Die Wirkung von Statinen scheint durch die Behandlung mit Baricitinib aufgehoben zu werden, denn die LDL-Cholesterinwerte gehen auf die Werte vor der Statinbehandlung zurück.

  Störungen des Blutbildes

Häufig kommt es zu einer Thrombozytose. Gelegentlich tritt als Nebenwirkung Neutropenie auf.

Bei einer Neutrophilenzahl (ANC) von < 1x109Zellen/l, einer Lymphozytenzahl (ALC) < 0,5x109 Zellen/l oder einem Hämoglobinwert (Hb) von < 8g/dl sollte die Therapie mit Baricitinib unterbrochen werden, bis sich die Werte normalisiert haben.

Das Hämogramm (Blutbild) stellt die Menge der in einer Blutprobe vorhandenen Erythrozyten (rote Blutkörperchen), Leukozyten (weiße Blutkörperchen), Thrombozyten (Blutplättchen) und Retikulozyten (polymorphkernige Blutkörperchen) nebeneinander dar. Beim Differentialblutbild werden sowohl quantitative als auch qualitative Parameter, wie z. B. die Form, mit herangezogen. Neben pathologischen Veränderungen können Abweichungen von den Normwerten auch durch unerwünschte Arzneimittelwirkungen bedingt sein. Auftreten können u. a.:
  • Leukopenie: Die Gesamtzahl aller Leukozyten (Granulozyten, Lymphozyten, Monozyten) im Blut ist auf unter 5.000/mm³ reduziert.
  • Leukozytose: Die Gesamtzahl aller Leukozyten im Blut ist über 10.000/mm³ erhöht.
  • Granulozytopenie: Verminderung der Anzahl der Leukozyten, insbesondere der neutrophilen Granulozyten.
  • Agranulozytose (perniziöse Neutropenie): Verminderung der Anzahl der Leukozyten (Leukopenie), die Granulozyten können komplett fehlen. Auch die Blutplättchen und das Knochenmark können betroffen sein. Eine Agranulozytose kann sich innerhalb von Stunden ausbilden und geht üblicherweise mit grippeähnlichen Symptomen einher, bei deren Auftreten der Patient darüber aufgeklärt sein muss, dass umgehend eine ärztliche Konsultation erfolgen sollte. Es wird symptomatisch therapiert; Breitbandantibiotika und Granulozyten-Koloniestimulierende Faktoren, wie Filgrastim, werden häufig in der Therapie verabreicht.
  • Eosinophilie: Erhöhung der Anzahl der eosinophilen Granulozyten im Blut. Bei allergischen Reaktionen wie dem Arzneimittelexanthem tritt dies zum Beispiel auf.
  • Thrombozytopenie: Verminderung der Anzahl der Thrombozyten unter 150.000/mm³. Durch den Mangel an Thrombozyten ist die Blutgerinnung gestört und es treten vermehrt Hämatome oder Blutungen auf.
  • Aplastische Anämie: Die Gesamtzahl aller Zellen im Blut ist reduziert (Panzytopenie). Ursache ist eine gestörte Stammzellreifung im Knochenmark.
Grundsätzlich stellen Blutbildveränderungen ernste bis lebensbedrohliche unerwünschte Wirkungen dar, die einer weitergehenden ärztlichen Abklärung bzw. Behandlung bedürfen.

  Maligne Erkrankungen

Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis ist das Risiko für maligne Erkrankungen einschließlich Lymphomen erhöht. Immunmodulatorische Arzneimittel könnten das Risiko für Malignitäten einschließlich Lymphomen erhöhen.

Kontraindikationen

Leberfunktionsstörung

Nierenfunktionsstörung

Kinder und Jugendliche unter 18 Jahre

Schwangerschaft und Stillzeit

Tierexperimentelle Studien haben eine Reproduktionstoxizität und Teratogenität von Baricitinib gezeigt.
Daher ist es in der Schwangerschaft kontraindiziert. Frauen im gebärfähigen Alter müssen während der Anwendung und nach Beendigung der Behandlung mindestens eine weitere Woche eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden.

Ein Risiko für das gestillte Kind kann nicht ausgeschlossen werden, daher soll Baricitinib während der Stillzeit nicht angewendet werden.

Wechselwirkungen

  Immunsuppressiva

Es besteht das Risiko eines additiven immunsuppressiven Effekts.

Immunsuppressiva anzeigen

  Lebendimpfstoffe

Eine Anwendung von Lebendimpfstoffen sollte nicht erfolgen. Bei Impfstoffen aus abgetöteten Erregern oder Toxoiden ist eine verminderte Immunantwort zu erwarten.

  Mittel mit Divertikulitis-Risiko

Da Baricitinib selbst zu Divertikulitis und gastrointestinaler Perforation führen kann, sollte es vorsichtig angewendet werden bei Patienten, die gleichzeitig dauerhaft mit Arzneimitteln behandelt werden, die mit einem erhöhten Divertikulitisrisiko assoziiert sind:
  • Nichtsteroidale Entzündungshemmer
  • Kortikosteroide
  • Opioid

Mittel mit Divertikulitis-Risiko anzeigen

Strukturformel

Strukturformel

Kommentar

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Wirkmechanismus

Bei Januskinasen (JAK) handelt es sich um Enzyme, die an der Signalweiterleitung von Zytokinen und Wachstumsfaktoren für Hämatopoese, Entzündung und Immunabwehr über Zelloberflächenrezeptoren ins Zellinnere beteiligt sind.
Da Zytokinrezeptoren vom Typ 1 und 2 keine Kinaseaktivität besitzen, ist ihre Signalweiterleitung von Januskinasen abhängig. Beim Andocken des Signalmoleküls an den Zytokinrezeptor kommt es zu einer Dimerisierung zweier Januskinasen, die durch Transphosphorylierung aktiviert werden, wodurch sie dann wiederum den zytoplasmatischen Teil des Rezeptors durch Phosphorylierung aktivieren. Hier binden dann Signaltransduktoren und Aktivatoren der Transkription (STAT oder STAT-Proteine), die ebenfalls durch Phosphorylierung aktiviert werden, und in der aktiviertenr Form in der Lage sind in den Zellkern einzudringen und als Transkriptionsfaktoren die Genexpression verschiedener Zielgene zu stimulieren.

Durch die Blockade der JAK wird der Signalweg blockiert und die Hämatopoese, Immunabwehr und Entzündungsreaktionen werden eingedämmt.
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Patientenhinweis

Eine Impfung mit attenuierten Lebendimpfstoffen sollte während oder kurz vor der Behandlung mit Baricitinib nicht durchgeführt werden.

Unter der Behandlung mit Baricitinib sollten regelmäßig Laborkontrollen durchgeführt werden. Dazu gehören:
  • 12 Wochen nach Beginn der Behandlung Lipidkontrolle, danach entsprechend der Leitlinie für Hyperlipidämie
  • Absolute Neutrophilenzahl (ANC)
  • Absolute Lymphozytenzahl (ALC)
  • Hämoglobin (Hb)
  • Lebertransaminasen (AST/ALT) können auf das 5-10fache der Obergrenzen ansteigen, wobei die Wahrscheinlichkeit dafür bei einer Kombinationstherapie mit Methotrexat erhöht ist.
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Dosierung

Die empfohlene Dosis beträgt 4 mg einmal täglich.

In folgenden Fällen sollte die Dosis auf 2 mg täglich reduziert werden:
  • Patienten über 75 Jahre
  • Chronische oder wiederkehrende Infekte in der Vorgeschichte
  • Bei guter Wirksamkeit mit 4 mg
  • Bei eingeschränkter Nierenfunktion mit einer Kreatinin-Clearance zwischen 30 und 60 ml/min

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