Bei der Parkinson-Krankheit handelt es sich neben der Demenz um eine der häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen, also eine Erkrankung, die mit einem Untergang von Nervengewebe einhergeht. An ihr sind auf die Gesamtpopulation gerechnet 200 von 100000 Einwohnern erkrankt. Da es sich aber vornehmlich um eine Erkrankung des höheren Lebensalters handelt, liegt hier die Erkrankungshäufigkeit bei ca. 2 % der Einwohner, die älter als 65 Jahre sind.
Das Leitsymptom der Parkinson-Krankheit ist die Brady-/Akinese, das heißt die Verlangsamung von Bewegungs- und Handlungsabläufen, wobei es sich hierbei nicht nur um eine Verlangsamung der motorischen Ausführung, sondern auch von deren Planung handelt.
Bei der Parkinson-Krankheit liegen die Akinese (Bewegungsarmut) und mindestens ein weiteres Kardinalsymptom vor:
- ein Rigor der Muskulatur (Muskelsteifigkeit)
- ein grobschlägiger Ruhetremor (Zittern)
- posturale Instabilität (Störung der aufrechten Körperhaltung durch eingeschränkte Körperspannung)
Als weitere mögliche Symptome können auftreten:
- psychische Symptome wie Depression
- kognitive Symptome (bis hin zu Demenz)
- vegetative Symptome (erniedrigter Blutdruck, Blasenfunktionsstörungen in Form von gesteigertem Harndrang, sexuelle Funktionsstörungen)
- sensorische Symptome (Riechstörungen, Schmerzwahrnehmung etc.)
Das klinische Bild zeichnet sich durch Patienten aus, welche eine vorgebeugte Körperhaltung aufweisen, kleine schlurfende Schritte machen und eine Gangunsicherheit zeigen, welche mit einer erhöhten Sturzgefahr einhergeht. Während geplante Bewegungsabläufe schwerfallen, sind Bewegungen, welche auf Kommando erfolgen sollen, teils problemlos umsetzbar. Darüber hinaus sind klassische klinische Zeichen das ausdruckslose Gesicht durch Verlust oder Einschränkung der Mimik (sog. Maskengesicht), welches zusätzlich durch eine eventuelle Überproduktion an Talg eine glänzende Oberfläche aufweist (Salbengesicht), sowie ein niederfrequentes Zittern der Hände, welches während der Bewegung weniger wird. Ebenfalls kommt es bei den Patienten zu einer scheinbar übermäßigen Speichelproduktion, welche aber nur Zeichen einer auftretenden Schluckstörung ist, da Parkinson-Patienten seltener schlucken als Gesunde.
Die pathophysiologische Ursache für diesen Symptomkomplex ist der Untergang bestimmter Neuronen im zentralen Nervensystem, genauer gesagt ein Untergang dopaminerger Neurone in der Substantia nigra, welche zu den sogenannten Basalganglien gehört. Diese Region im ZNS trägt ihren Namen (schwarze Substanz) wegen ihrer dunklen Färbung, welche durch den hohen Gehalt an Melanin und Eisen bedingt ist. Sie ist Teil einer komplexen Regelschleife, welche von der Großhirnrinde ausgeht, zu den Basalganglien zieht, die ihrerseits zum Thalamus als Filter für Bewegungsprozesse projizieren und dieser seinerseits wiederum Signale zurück zur Großhirnrinde sendet.
Die Funktion der Substantia nigra hierbei innerhalb der Basalganglien ist es, mithilfe dopaminerger Transmission die hemmende Wirkung des Striatums (durch gabaerge Transmission) auf den Thalamus zu hemmen. Diese Hemmung der Hemmung führt also zu einer Aktivierung des Thalamus und damit zu einer Aktivierung von Bewegungsprozessen. Kommt es durch die Degeneration von dopaminergen Neuronen der Substantia nigra zu einem Dopaminmangel, so stellt sich ein Ungleichgewicht zugunsten der gabaergen Neurotransmission ein, wodurch der Thalamus als Filter gehemmt wird und Bewegungsabläufe unterdrückt werden. Zusätzlich kommt es zu einem Überangebot von Acetylcholin, welches in Interneuronen eine Rolle spielt, welche sonst ebenfalls durch Dopamin gehemmt werden.
Bei den meisten Erkrankten ist der Grund für das Erkranken unbekannt, weshalb früher der Name „idiopatisches Parkinson-Syndrom“ verwendet wurde (heute: Parkinson-Krankheit). Bei einigen Patienten, vorrangig jüngeren Alters ist eine genetische Prädisposition bekannt. Beide Gruppen bilden den primären Morbus Parkinson.
Bei einem wesentlich kleineren Kollektiv sind die Ursachen für die Erkrankung bekannt. Hier können z. B. intrazerebrale vaskuläre Erkrankungen eine Minderperfusion der entsprechenden Hirnareale verursachen. Auch Traumata des Hirns (z. B. durch Boxen oder Verkehrsunfälle), Intoxikationen oder Stoffwechselerkrankungen können einen Morbus Parkinson hervorrufen. In diesen Fällen spricht man von einem sekundären Morbus Parkinson.
Eine weitere, recht häufige Ursache einen parkinsonoiden Krankheitszustand zu bedingen, ist die Therapie psychiatrischer Patienten mit Neuroleptika. Hierbei handelt es sich klassischerweise um Substanzen, welche die dopaminerge Transmission im ZNS unterbinden, da eine gesteigerte dopaminerge Transmission ursächlich an manchen psychiatrischen Erkrankungen wie der Schizophrenie seien soll.
Therapie
Medikamentös kann die Parkinson-Erkrankung zurzeit nur symptomatisch behandelt werden. Derzeitige Therapieziele sind somit die Besserung der verschiedenen Symptome zur:
- Erhaltung der Berufstätigkeit,
- Erhaltung der Selbstständigkeit,
- Verbesserung der Lebensqualität sowie
- im fortgeschrittenen Stadium die Reduktion der Pflegebedürftigkeit.
Derzeit zur Verfügung stehende Arzneimittel zur Parkinsonbehandlung sind Levodopapräparate, nicht-ergoline Dopaminrezeptoragonisten, MAO-B-Hemmer, COMT-Hemmer, Anticholinergika und NMDA-Rezeptor-Antagonisten. Diese Arzneimittel beeinflussen auf unterschiedliche Weise das Neurotransmitterverhältnis. Ziel ist dabei immer eine Verschiebung zu Gunsten von Dopamin bzw. zu Ungunsten von Acetylcholin oder Glutamat.
Die aktuelle Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (2023) gibt Therapieempfehlungen zu den einzelnen Wirkstoffklassen, wobei die unterschiedlichen Effektstärken in Bezug auf Wirkung, Nebenwirkungen, Alter des Patienten, Komorbiditäten und psychosoziales Anforderungsprofil berücksichtigt werden.
Zur initialen Monotherapie stehen Levodopa als Kombipräparate mit einem der beiden Decarboxylasehemmern (Benserazid/Carbidopa) sowie MAO-B-Hemmer oder Dopaminagonisten zur Verfügung. Startet man die Levodopa-Therapie mit hoher Dosierung und pulsatiler Anwendung, kommt es meist früher im Krankheitsverlauf zu motorischen Fluktuationen und Dyskinesien als unter initialer Therapie mit MAO-B-Hemmern und Dopaminagonisten. Bei jüngeren Patienten sollte die Therapie daher nach Möglichkeit mit den letztgenannten Wirkstoffgruppen begonnen werden. Gründe für den initialen Einsatz von Levodopa sind wiederum der Schweregrad der Symptome, ein schnell benötigter therapeutischer Effekt, Multimorbidität, zu erwartende Nebenwirkungen bei anderen Substanzklassen (Impulskontrollstörungen bei Dopaminagonisten) und ggf. eine bessere individuelle Verträglichkeit.
Kombinationstherapien kommen zum Einsatz, wenn die Zielsymptome bei mittlerer Dosierung nicht ausreichend wirksam behandelt werden können, oder die notwendige Dosierung aufgrund limitierender Nebenwirkungen nicht erreicht werden kann.
Fluktuationen werden durch Fraktionierung und Dosisänderung der Levodopa-Gaben, sowie zusätzliche Gaben mit modifizierter Galenik und der Gabe zusätzlicher Wirkstoffe wie Dopaminagonisten, MAO-B-Hemmern oder COMT-Hemmern behandelt.
Der Leitlinie sind weitere Behandlungsempfehlungen bei Begleitsymptomen wie Dyskinesien, Tremor, Schmerzen, Blasenfunktionsstörungen, orthostatischer Hypotonie, Obstipation, Schlafstörungen, kognitiven, affektiven und Impulskontroll-Störungen, Psychosen, Delir, Dysarthrie und Dysphagie zu entnehmen. Zum Beispiel bei mit Levodopa-induzierten motorischen Komplikationen sollte Amantadin zur Reduktion von Dyskinesien verwendet werden.
Nach aktueller Leitlinie sollen ergoline Dopaminagonisten und der NMDA-Rezeptor-Antagonist Budipin nicht mehr zur Therapie der Parkinson-Krankheit eingesetzt werden. Anticholinergika sollten nur noch bei starkem Tremor zum Einsatz kommen, wenn keine andere Behandlungsoption besteht.
Nicht medikamentöse Therapie
Seit einigen Jahren steht für bestimmte Parkinson-Patienten die sogenannte "tiefe Hirnstimulation" (THS) zur Verfügung. Es handelt sich hierbei um eine Art Hirnschrittmacher, welcher neurochirurgisch in den Bereich der Basalganglien implantiert wird. Dieser Schrittmacher führt zu einer Abmilderung der Symptome Akinese, Rigor und Tremor. Wegen der nicht zu unterschätzenden Risiken sollte dieser Eingriff nur nach strenger Indikationsstellung erfolgen.
Parkinson Patienten mit motorischen Symptomen sollen Zugang zu physiotherapeutischen, ergotherapeutischen und künstlerischen Therapien erhalten, um berufliche und familiäre Aktivitäten weiterhin möglich zu machen und die Autonomie des Patienten zu erhalten. Wichtig ist auch die umfassende Aufklärung und Einbeziehung des Patienten und der Angehörigen, um Lebensqualität, Stimmung und auch die Compliance zu fördern, da die Dosisfindung und Anpassung an die Symptome nur durch eine enge Zusammenarbeit zwischen Arzt, Patient und Familie möglich ist.