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          < Biperiden >

Biperiden

      

Wirkmechanismus

Zentral wirksames Anticholinergikum (Muscarinrezeptor-Antagonist)

Anwendung

Parkinson-Krankheit

Bei der Parkinson-Krankheit handelt es sich neben der Demenz um eine der häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen, also eine Erkrankung, die mit einem Untergang von Nervengewebe einhergeht. An ihr sind auf die Gesamtpopulation gerechnet 200 von 100000 Einwohnern erkrankt. Da es sich aber vornehmlich um eine Erkrankung des höheren Lebensalters handelt, liegt hier die Erkrankungshäufigkeit bei ca. 2 % der Einwohner, die älter als 65 Jahre sind.

Das Leitsymptom der Parkinson-Krankheit ist die Brady-/Akinese, das heißt die Verlangsamung von Bewegungs- und Handlungsabläufen, wobei es sich hierbei nicht nur um eine Verlangsamung der motorischen Ausführung, sondern auch von deren Planung handelt.
Bei der Parkinson-Krankheit liegen die Akinese (Bewegungsarmut) und mindestens ein weiteres Kardinalsymptom vor:
  • ein Rigor der Muskulatur (Muskelsteifigkeit)
  • ein grobschlägiger Ruhetremor (Zittern)
  • posturale Instabilität (Störung der aufrechten Körperhaltung durch eingeschränkte Körperspannung)

Als weitere mögliche Symptome können auftreten:
  • psychische Symptome wie Depression
  • kognitive Symptome (bis hin zu Demenz)
  • vegetative Symptome (erniedrigter Blutdruck, Blasenfunktionsstörungen in Form von gesteigertem Harndrang, sexuelle Funktionsstörungen)
  • sensorische Symptome (Riechstörungen, Schmerzwahrnehmung etc.)

Das klinische Bild zeichnet sich durch Patienten aus, welche eine vorgebeugte Körperhaltung aufweisen, kleine schlurfende Schritte machen und eine Gangunsicherheit zeigen, welche mit einer erhöhten Sturzgefahr einhergeht. Während geplante Bewegungsabläufe schwerfallen, sind Bewegungen, welche auf Kommando erfolgen sollen, teils problemlos umsetzbar. Darüber hinaus sind klassische klinische Zeichen das ausdruckslose Gesicht durch Verlust oder Einschränkung der Mimik (sog. Maskengesicht), welches zusätzlich durch eine eventuelle Überproduktion an Talg eine glänzende Oberfläche aufweist (Salbengesicht), sowie ein niederfrequentes Zittern der Hände, welches während der Bewegung weniger wird. Ebenfalls kommt es bei den Patienten zu einer scheinbar übermäßigen Speichelproduktion, welche aber nur Zeichen einer auftretenden Schluckstörung ist, da Parkinson-Patienten seltener schlucken als Gesunde.
Die pathophysiologische Ursache für diesen Symptomkomplex ist der Untergang bestimmter Neuronen im zentralen Nervensystem, genauer gesagt ein Untergang dopaminerger Neurone in der Substantia nigra, welche zu den sogenannten Basalganglien gehört. Diese Region im ZNS trägt ihren Namen (schwarze Substanz) wegen ihrer dunklen Färbung, welche durch den hohen Gehalt an Melanin und Eisen bedingt ist. Sie ist Teil einer komplexen Regelschleife, welche von der Großhirnrinde ausgeht, zu den Basalganglien zieht, die ihrerseits zum Thalamus als Filter für Bewegungsprozesse projizieren und dieser seinerseits wiederum Signale zurück zur Großhirnrinde sendet.  
Die Funktion der Substantia nigra hierbei innerhalb der Basalganglien ist es, mithilfe dopaminerger Transmission die hemmende Wirkung des Striatums (durch gabaerge Transmission) auf den Thalamus zu hemmen. Diese Hemmung der Hemmung führt also zu einer Aktivierung des Thalamus und damit zu einer Aktivierung von Bewegungsprozessen. Kommt es durch die Degeneration von dopaminergen Neuronen der Substantia nigra zu einem Dopaminmangel, so stellt sich ein Ungleichgewicht zugunsten der gabaergen Neurotransmission ein, wodurch der Thalamus als Filter gehemmt wird und Bewegungsabläufe unterdrückt werden. Zusätzlich kommt es zu einem Überangebot von Acetylcholin, welches in Interneuronen eine Rolle spielt, welche sonst ebenfalls durch Dopamin gehemmt werden.

Bei den meisten Erkrankten ist der Grund für das Erkranken unbekannt, weshalb früher der Name „idiopatisches Parkinson-Syndrom“ verwendet wurde (heute: Parkinson-Krankheit). Bei einigen Patienten, vorrangig jüngeren Alters ist eine genetische Prädisposition bekannt. Beide Gruppen bilden den primären Morbus Parkinson.
Bei einem wesentlich kleineren Kollektiv sind die Ursachen für die Erkrankung bekannt. Hier können z. B. intrazerebrale vaskuläre Erkrankungen eine Minderperfusion der entsprechenden Hirnareale verursachen. Auch Traumata des Hirns (z. B. durch Boxen oder Verkehrsunfälle), Intoxikationen oder Stoffwechselerkrankungen können einen Morbus Parkinson hervorrufen. In diesen Fällen spricht man von einem sekundären Morbus Parkinson.

Eine weitere, recht häufige Ursache einen parkinsonoiden Krankheitszustand zu bedingen, ist die Therapie psychiatrischer Patienten mit Neuroleptika. Hierbei handelt es sich klassischerweise um Substanzen, welche die dopaminerge Transmission im ZNS unterbinden, da eine gesteigerte dopaminerge Transmission ursächlich an manchen psychiatrischen Erkrankungen wie der Schizophrenie seien soll.

Therapie
Medikamentös kann die Parkinson-Erkrankung zurzeit nur symptomatisch behandelt werden. Derzeitige Therapieziele sind somit die Besserung der verschiedenen Symptome zur:
  • Erhaltung der Berufstätigkeit,
  • Erhaltung der Selbstständigkeit,
  • Verbesserung der Lebensqualität sowie
  • im fortgeschrittenen Stadium die Reduktion der Pflegebedürftigkeit.

Derzeit zur Verfügung stehende Arzneimittel zur Parkinsonbehandlung sind Levodopapräparate, nicht-ergoline Dopaminrezeptoragonisten, MAO-B-Hemmer, COMT-Hemmer, Anticholinergika und NMDA-Rezeptor-Antagonisten. Diese Arzneimittel beeinflussen auf unterschiedliche Weise das Neurotransmitterverhältnis. Ziel ist dabei immer eine Verschiebung zu Gunsten von Dopamin bzw. zu Ungunsten von Acetylcholin oder Glutamat.

Die aktuelle Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (2023) gibt Therapieempfehlungen zu den einzelnen Wirkstoffklassen, wobei die unterschiedlichen Effektstärken in Bezug auf Wirkung, Nebenwirkungen, Alter des Patienten, Komorbiditäten und psychosoziales Anforderungsprofil berücksichtigt werden.
Zur initialen Monotherapie stehen Levodopa als Kombipräparate mit einem der beiden Decarboxylasehemmern (Benserazid/Carbidopa) sowie MAO-B-Hemmer oder Dopaminagonisten zur Verfügung. Startet man die Levodopa-Therapie mit hoher Dosierung und pulsatiler Anwendung, kommt es meist früher im Krankheitsverlauf zu motorischen Fluktuationen und Dyskinesien als unter initialer Therapie mit MAO-B-Hemmern und Dopaminagonisten. Bei jüngeren Patienten sollte die Therapie daher nach Möglichkeit mit den letztgenannten Wirkstoffgruppen begonnen werden. Gründe für den initialen Einsatz von Levodopa sind wiederum der Schweregrad der Symptome, ein schnell benötigter therapeutischer Effekt, Multimorbidität, zu erwartende Nebenwirkungen bei anderen Substanzklassen (Impulskontrollstörungen bei Dopaminagonisten) und ggf. eine bessere individuelle Verträglichkeit.
Kombinationstherapien kommen zum Einsatz, wenn die Zielsymptome bei mittlerer Dosierung nicht ausreichend wirksam behandelt werden können, oder die notwendige Dosierung aufgrund limitierender Nebenwirkungen nicht erreicht werden kann.
Fluktuationen werden durch Fraktionierung und Dosisänderung der Levodopa-Gaben, sowie zusätzliche Gaben mit modifizierter Galenik und der Gabe zusätzlicher Wirkstoffe wie Dopaminagonisten, MAO-B-Hemmern oder COMT-Hemmern behandelt.
Der Leitlinie sind weitere Behandlungsempfehlungen bei Begleitsymptomen wie Dyskinesien, Tremor, Schmerzen, Blasenfunktionsstörungen, orthostatischer Hypotonie, Obstipation, Schlafstörungen, kognitiven, affektiven und Impulskontroll-Störungen, Psychosen, Delir, Dysarthrie und Dysphagie zu entnehmen. Zum Beispiel bei mit Levodopa-induzierten motorischen Komplikationen sollte Amantadin zur Reduktion von Dyskinesien verwendet werden.
Nach aktueller Leitlinie sollen ergoline Dopaminagonisten und der NMDA-Rezeptor-Antagonist Budipin nicht mehr zur Therapie der Parkinson-Krankheit eingesetzt werden. Anticholinergika sollten nur noch bei starkem Tremor zum Einsatz kommen, wenn keine andere Behandlungsoption besteht.

Nicht medikamentöse Therapie
Seit einigen Jahren steht für bestimmte Parkinson-Patienten die sogenannte "tiefe Hirnstimulation" (THS) zur Verfügung. Es handelt sich hierbei um eine Art Hirnschrittmacher, welcher neurochirurgisch in den Bereich der Basalganglien implantiert wird. Dieser Schrittmacher führt zu einer Abmilderung der Symptome Akinese, Rigor und Tremor. Wegen der nicht zu unterschätzenden Risiken sollte dieser Eingriff nur nach strenger Indikationsstellung erfolgen.

Parkinson Patienten mit motorischen Symptomen sollen Zugang zu physiotherapeutischen, ergotherapeutischen und künstlerischen Therapien erhalten, um berufliche und familiäre Aktivitäten weiterhin möglich zu machen und die Autonomie des Patienten zu erhalten. Wichtig ist auch die umfassende Aufklärung und Einbeziehung des Patienten und der Angehörigen, um Lebensqualität, Stimmung und auch die Compliance zu fördern, da die Dosisfindung und Anpassung an die Symptome nur durch eine enge Zusammenarbeit zwischen Arzt, Patient und Familie möglich ist.

Nikotinvergiftung

Nikotin kann an allen vegetativen Ganglien angreifen: Nach dieser Substanz sind die nikotinischen Acetylcholinrezeptoren benannt. Da Acetylcholin der physiologische Botenstoff an den ganglionären Synapsen ist, kann bei einer Nikotinvergiftung, also bei einer Überstimulation dieser Synapsen, durch ein Anticholinergikum Abhilfe geschaffen werden. Zugelassen ist lediglich die parenterale Gabe.

Symptome einer Nikotinvergiftung sind: Kopfschmerz, Übelkeit und Erbrechen, Herzrasen, Speichelfluss, Atemlähmung.

Arzneimittel-induzierte extrapyramidal motorische Störungen

Viele Arzneimittel aus der Neuropharmakologie, wie Neuroleptika, sind durch ihre antagonisierende Interaktion mit Dopaminrezeptoren in der Lage ein Parkinson-ähnliches Krankheitsbild zu generieren. In diesem Falle stellt die Therapie mit Biperiden eine Möglichkeit dar, diese oftmals quälenden Nebenwirkungen zu mildern.

Dosierung

Parkinson-Krankheit:
täglich 1-16 mg peroral verteilt auf 1-4 Einzelgaben
initial 10-20 mg i.m. oder langsam i.v.

Nikotinvergiftung:
5-10 mg i.m. oder 5 mg i.v.

Extrapyramidale Störungen:
täglich 1-16 mg peroral verteilt auf 1-4 Einzelgaben
initial 2,5-5 mg i.m. oder langsam i.v.

Patientenhinweis

Einnahme zu oder nach den Mahlzeiten!
Es ist Vorsicht beim Umgang mit Maschinen und im Straßenverkehr geboten!
Auf die Einnahme von Alkohol sollte wegen einer veränderten und verstärkten Alkoholwirkung verzichtet werden.
Rebound-Effekte möglich. Abhängigkeit und Missbrauch sind beschrieben. Ausschleichen!

Nebenwirkungen

  Anticholinerge Nebenwirkungen

Acetylcholin, das aus Cholin synthetisiert wird, ist der wichtigste aktivierende Neurotransmitter des Parasympathikus. Es erregt m- und n-Cholinozeptoren. Bei Aktivierung des Parasympathikus werden vor allem trophotrope Reaktionen hervorgerufen, d. h. Vorgänge zur Wiederherstellung des Organismus. So sinkt z. B. die Herzfrequenz und im Verdauungstrakt sowie im Bronchialsystem wird vermehrt Sekret abgegeben. Außerdem wird die Pupille verengt und das Auge nahakkomodiert. Das erste Anzeichen einer anticholinergen Nebenwirkung ist die Mundtrockenheit.
An verschiedenen Organen ergeben sich verschiedene cholinerge und anticholinerge Wirkungen:

ZNS
  • Cholinerge Wirkung (über M1): Kognitive Fähigkeiten wie Lernen und Aufmerksamkeit
  • Anticolinerge Wirkung: Hemmung der Kognitiven Fähigkeiten
  • Anticholinerge Symptome: Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Verwirrung


Auge
  • Cholinerge Wirkung (über M1): Miosis (über Aktivierung des Musculus sphincter pupillae), Nahakkomodation (über Aktivierung des Musculus ciliaris), Sekretionssteigerung
  • Anticholinerge Wirkung: Mydriasis (durch Hemmung des Musculus ciliaris), Fernakkomodation (über Hemmung des Musculus spincter pupillae), Sekretionsverminderung
  • Anticholinerge Symptome: Mydriasis, Akkomodationsstörungen, erhöhte Lichtempfindlichkeit, trockene Augen, erhöhter Augeninnendruck

Herz
  • Cholinerge Wirkung (über M2): Herzfrequenz sinkt, Überleitungsgeschwindigkeit sinkt, Kontraktilität sinkt
  • Anticholinerge Wirkung: Herzfrequenz steigt
  • Anticholinerge Symptome: Tachykardie, Orthostatische Dysregulation, Herzrhythmusstörungen

Bronchialsystem
  • Cholinerge Wirkung (über M3): Sekretionssteigerung, Muskelkontraktion
  • Anticholinerge Wirkung: Sekretionsverminderung, Erschlaffen der Muskulatur
  • Anticholinerge Symptome: Verstopfte Nase, trockene Schleimhäute

Verdauungstrakt
  • Cholinerge Wirkung (über M3): Sekretionssteigerung, Kontraktion der glatten Muskulatur, Erschlaffen der Sphinkteren
  • Anticholinerge Wirkung: Sekretionsverminderung, Erschlaffen der glatten Muskulatur, Kontraktion der Sphinkteren
  • Anticholinerge Symptome: Mundtrockenheit, Durst, Obstipation

Urogenitaltrakt
  • Cholinerge Wirkung (über M3): Sekretionssteigerung, Kontraktion der glatten Muskulatur, Erschlaffen der Sphinkteren
  • Anticholinerge Wirkung: Sekretionsverminderung, Erschlaffen der glatten Muskulatur, Kontraktion der Sphinkteren
  • Anticholinerge Wirkung: Harnverhalt, Miktionsstörungen

Haut
  • Cholinerge Wirkung (über Sympathikus): Sekretionssteigerung der Schweißdrüsen
  • Anticholinerge Wirkung: Sekretionshemmung der Schweißdrüsen
  • Anticholinerge Symptome: Trockene Haut (= Kein Schwitzen!)


  Halluzinationen, Angst, Euphorie

Anticholinergika wirken in geringeren Dosen dämpfend, in höheren Dosen erregend auf das zentrale Nervensystem.

  Müdigkeit, Unruhe

Anticholinergika wirken in geringeren Dosen dämpfend, in höheren Dosen erregend auf das zentrale Nervensystem.

  Dyskinesien

Besonders während der Kombinationstherapie mit Levodopa kann es zum Auftreten von abnormalen, unwillkürlichen Bewegungen kommen. Es existieren folgende Strategien, um Dyskinesien unter Levodopagabe zu beherrschen:
  • Levodopa-Dosisreduktion
  • Verlängerung des Dosierintervalls bei gleichbleibender Einzeldosis
  • Zusätzliche Gabe von anderen Parkinsontherapeutika, dadurch ggf. Einsparung von Levodopa

Bessert sich die Dyskinesie, können die parkinsontypischen Bewegungsstörungen wieder verstärkt auftreten. Es muss dann ein für den Patienten akzeptabler Kompromiss gefunden werden.

  Abhängigkeit

Die Substanz kann euphorisierend wirken, so dass Missbrauch und Abhängigkeit beobachtet wurden.

Kontraindikationen

Unbehandeltes Engwinkelglaukom

Physiologischerweise führt die Aktivierung von Muskarinrezeptoren am Auge zu einer Kontraktion des Musculus sphincter pupillae (Verengung der Pupille -> Myosis) und des Musculus ciliaris. (Durch die Kontraktion wird der Muskel dicker und wölbt sich mehr in das Augeninnere hinein. Dadurch lässt der Zug an den Zonulafasern nach, die Linse wölbt sich und es kommt zur Abflachung der vorderen Augenkammer. Zusätzlich zieht die Kontraktion am sog. Sklerospron, wodurch die Maschen des Trabekelwerks im Kammerwinkel und des Schlemm`schen Kanals erweitert werden, woraus ein erleichterter Kammerwasserabfluss resultiert.)

Anticholinergika unterbinden diesen Mechanismus und führen zu einer Pupillenerweiterung. Beim unbehandelten Engwinkelglaukom wird das pathologische Geschehen, die Abflussbehinderung des Kammerwassers durch eine erweiterte Iris, durch das Pharmakon befördert. So kommt es zu einer Anhebung des Augeninnendrucks, der im schlimmsten Falle eine irreversible Schädigung des Sehvermögens auslösen kann.

Ileus

Durch die anticholinerge Wirkung wird die Darmperistaltik zusätzlich gehemmt. (Je nach Ursache des Ileus können Parasympathomimetika eine Behandlungsoption sein, d. h. das pharmakodynamische Gegenteil der Anticholinergika.)

Myasthenia gravis

Bei Erkrankten blockieren Autoantikörper die Acetylcholinrezeptoren auf der motorischen Endplatte, was zu Muskelschwäche führt. Anticholinergika (=Acetylcholinrezeptorantagonisten) verstärken daher das Beschwerdebild.
Je nach Substanz ist die Anwendung kontraindiziert oder darf nur unter Vorsicht angewendet werden.

Benigne Prostatahyperplasie mit Restharnbildung

Der korrekte Fachbegriff für diese Erkrankung lautet "benigne noduläre Hyperplasie der Prostata", an der ca. 40 % der über 65-Jährigen Männer leiden. Bemerkbar machen sich beim Patienten vor allem die Blasenentleerungsstörungen, die durch eine Zunahme an Muskel- und Bindegewebszellen verursacht wird, was einem leichten Harnabgang und später auch einer vollständigen Blasenentleerung entgegenwirkt.

Man unterscheidet verschiedene Schweregrade, beginnend bei nächtlichem Harndrang und verzögertem Beginn des Wasserlassens über Restharnbildung bis hin zur Überlaufinkontinenz mit unwillkürlichem Harnabgang und möglichen Schäden an der Niere durch Rückstau.

Anticholinergika senken die Aktivität des harnaustreibenden Muskels bei gleichzeitig erhöhtem Auslasswiderstand. Die Krankheitssymptomatik wird besonders dann verstärkt, wenn Restharnbildung auftritt. Daher sollte der Einsatz, wenn unvermeidbar nur unter Vorsicht erfolgen.

Erkrankungen die zu Tachykardien führen können

Die Aktivierung der parasympathischen Ennervierung des Herzens führt zu einer Absenkung der Herzfrequenz. Bei Blockade der parasympathischen Wirkung durch Anticholinergika kann die Herzfrequenz steigen (positive Chronotropie); die vorbestehende Tachykardie wird verstärkt.

Schwangerschaft und Stillzeit

Die Substanz sollte nur nach strenger Indikationsstellung in der Schwangerschaft appliziert werden, da keine ausreichenden Daten zur Anwendung beim Menschen vorliegen.
Tierversuche erbrachten weder embryotoxische noch teratogene Wirkungen.

Die Substanz geht in die Muttermilch über. Eine Schädigung des Säuglings wurde bisher nicht beobachtet.

Wechselwirkungen

  Levodopapräparate

Hohe Levodopadosen können selbst Dyskinesien (=unwillkürliche Bewegungen) auslösen. Bei schweren Dyskinesien kann eine Therapie mit Biperiden versucht werden, allerdings muss bedacht werden, dass Biperiden die Dyskinesien auch verstärken kann.

Levodopapräparate anzeigen

  Neuroleptika

Neuroleptika können selbst Dyskinesien (=unwillkürliche Bewegungen) auslösen, die durch Biperiden verstärkt werden können. Bei schweren Dyskinesien kann dennoch eine Therapie mit Biperiden versucht werden.

Neuroleptika anzeigen

  Arzneimittel mit anticholinerger Wirkung z. B. Amitriptylin

Amitriptylin, Doxepin und Trimipramin haben eine ausgeprägte anticholinerge Wirkung. Durch Gabe weiterer Anticholinergika steigt die Gefahr schwerer Nebenwirkungen.

Arzneimittel mit anticholinerger Wirkung z. B. Amitriptylin anzeigen

  Metoclopramid

Die prokinetische Wirkung von Metoclopramid und Domperidon wird durch die peristaltikhemmende Wirkung des Anticholinergikums antagonisiert.

Metoclopramid anzeigen

  Alkohol

Strukturformel

Strukturformel

Kommentar

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Wirkmechanismus

Beim Morbus Parkinson besteht ein Ungleichgewicht zwischen zu geringer Aktivität der dopaminergen und zu hoher Aktivität der cholinergen neuronalen Übertragung (Details siehe Indikation).

Mit zentral wirksamen Anticholinergika können die nach Untergang von dopaminergen Neuronen enthemmten cholinergen Neurone in ihrer Aktivität gebremst werden, um damit die Symptome der Parkinsonschen Krankheit abzumildern.

Klinisch zeigt sich, dass vor allem die Muskelsteifigkeit und das Zittern der Hände gut auf Anticholinergika ansprechen. Daher stellt diese Arzneistoffgruppe einen guten Kombinationspartner für die Levodopa-Therapie dar. Ängste, mit zentral wirksamen Anticholinergika eine Demenz auszulösen, entbehren jeder Grundlage.
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Patientenhinweis

Durch die bei manchen Patienten auftretende euphorisierende Wirkung kann es zu einer Abhängigkeitsentwicklung kommen. Beim abrupten Absetzen sind Rebound-Effekte möglich. Die Substanz muss ausgeschlichen werden.
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Dosierung

Parkinson-Krankheit:
In jedem Falle richtet sich die Dosierung nach der Schwere der Erkrankung und dem Ansprechen des Patienten auf die Therapie. Die Behandlung muss einschleichend begonnen und ausschleichend beendet werden. Häufig ist ein Kompromiss zwischen der Beherrschung der Symptome und den auftretenden unerwünschten Wirkungen zu suchen.

Begonnen wird mit 2 x 1 mg täglich. Diese Dosis kann täglich um 2 mg erhöht werden, bis maximal 16 mg täglich erreicht sind. Dabei ist die Dosis dann auf bis zu 4 Einzelgaben zu verteilen.
Ist ein rascher Wirkeintritt erwünscht, können in den ersten Behandlungstagen bis zu 20 mg täglich, aufgeteilt in mehrere Einzeldosen, intramuskulär oder langsam intravenös gegeben werden.

Nikorinvergiftung:
Die parenterale Gabe von Biperiden wird so lange fortgesetzt, bis die Vergiftungssymptome dauerhaft verschwinden. Bei einer Vergiftung nach oraler Aufnahme von Nikotin ist die zusätzliche Gabe von Aktivkohle (gefolgt von einem Laxans) sinnvoll.

Extrapyramidale Störungen:
Bei der oralen Therapie mit Biperiden ist die Tagesdosis Erwachsener der des Parkinson äquivalent. Kinder zwischen 3 und 15 Jahren erhalten bis zu 3 x täglich 1-2 mg.
Bei der parenteralen Therapie der Erwachsenen beträgt die Maximaldosis 20 mg.
Kinder erhalten alteresentsprechend:
  • im ersten Lebensjahr 1 mg
  • bis zum 6. Lebensjahr 2 mg
  • bis zum 10. Lebensjahr 3 mg
als Einzeldosis. Diese kann repetetiv gegeben werden bis zum Abklingen der Symptomatik.

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Vorteile: Offline verfügbar, Lerntools, Fortbildungen u.v.m.

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