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          < Hydroxycarbamid >

Hydroxycarbamid

     

Wirkmechanismus

Zytostatikum:
Hemmung der DNA-Synthese durch Blockade des Ribonukleotidreduktase-Systems

Anwendung

Chronisch myeloische Leukämie

Die chronisch myeloische Leukämie (CML) gehört wie die Polycythaemia vera, essentielle Thrombozytämie und Osteomyelofibrose zu den myeloproliferativen Erkrankungen, die aufgrund genetischer Defekte von Knochenmarkszellen (myelos = Knochenmark) einen malignen Verlauf nehmen. In Deutschland liegt die Inzidenz bei 1,6 Neuerkrankungen pro 100.000 Erwachsene im Jahr. Sie ist im Gegensatz zu den akuten Leukämien eine Erkrankung des höheren Lebensalters (Median bei 65 Jahre). Die chronisch myeloische Leukämie macht ca. 20 % aller Leukämiefälle aus.

Pathophysiologisch liegt hier in den meisten Fällen ein Chromosomendefekt mit anschließender Proliferation einer einzigen multipotenten hämatopoetischen Vorläuferzelle vor. In über 90 % der Fälle findet man bei der CML das sog. „Philadelphia-Chromosom“ = t(9;22): Es kommt zu einer reziproken Translokation von Chromosomen-Abschnitten zwischen den langen Armen (=q-Arme) von Chromosom 9 und 22. Unter dem Mikroskop findet man dann das auffällig verkürzte Chromosom 22 (= Philadelphia-Chromosom). Durch die Translokation von Genabschnitten kommt es auf dem Chromosom 9 dazu, dass der Genabschnitt für eine Tyrosinkinase (ABL) mit einer sog. BCR-Region (= breaking cluster region) benachbart ist. Dieses BCR-ABL-Fusionsgen wirkt als Onkogen, weil die dadurch codierte Tyrosinkinase nun dauerhaft aktiv ist und die Wachstumsregulation stört. Unkontrolliertes Zellwachsum ist die Folge.

Die CML ist eine über mehrere Jahre verlaufende Erkrankung. Sie wird in eine über Jahre verlaufende chronische Phase, eine Akzelerationsphase und in die Blastenphase eingeteilt. Die chronische Phase kann lange Zeit vom Patienten unbemerkt verlaufen. Leitsymptom ist die Vermehrung von Leukozyten (= Leukozytose) und die Splenomegalie (= Vergrößerung der Milz). Im peripheren Blutbild findet sich typischerweise eine Linksverschiebung der weißen Blutzellreihe mit dem Auftreten von bis zu 10 % unreifer Zellen (= Myeloblasten). In der Akzelerationsphase beschleunigt sich der Krankheitsverlauf. Es finden sich bis zu 30 % unreifer Myeloblasten im Blutbild bei weiter zunehmender Leukozyten-Zahl. Die Zellen der anderen Blutzellreihen werden mehr und mehr verdrängt, so dass sich eine Anmie und Thrombozytopenie entwickeln kann. Das ungehemmte Wachstum der weißen Blutzellreihe kann zu weiteren Mutationen führen, die dann irgendwann eine lebensbedrohliche Blastenkrise (= Blastenschub) auslösen können. Kennzeichen eines Blastenschubs sind mehr als 30 % Blasten im peripheren Blutbild und histologisch gesicherte Infiltrate außerhalb von Knochenmark, Milz oder Lymphknoten. In dieser Phase ist eine Unterscheidung zur akuten lymphatischen Leukämie (ALL) kaum möglich.

Ziel der Therapie ist, die Vermehrung der Leukozyten im Blut aufzuhalten. Hierfür stehen zur Therapie verschiedene medikamentöse Optionen zur Auswahl, die auch teilweise kombiniert werden können. Dazu gehören neben Hydroxycarbamid, welches in der chronischen und der akzelerierten Phase als Reservemittel eingesetzt wird, auch Interferon alpha, Tyrosinkinase-Inhibitoren wie Imatinib, oder eine Polychemotherapie. Außerdem kommen allogene Knochenmarkstransplantation und periphere Stammzelltransplantation in Frage. Durch die neueren medikamentösen Behandlungsmethoden ist die Überlebenszeit der Patienten deutlich verbessert worden. Dennoch versterben mehr als 50 % der Patienten innerhalb von 10 Jahren nach Diagnosestellung.

Essentielle Thrombozytämie

Die essentielle Thrombozythämie ist eine gutartige myeloproliferative Erkrankung, die mit einer deutlichen Erhöhung der Thrombozyten im Blut (= Thrombozytose) einhergeht. Die genaue Ursache dieser seltenen Erkrankung ist unklar. Bei ca. 30 % der Patienten findet man eine bestimmte Punktmutation in der JAK2-Kinase (Januskinase 2), bei der die Aminosäure Phenylalanin durch Valin ersetzt ist (= V617F). Januskinasen sind essentiell für Wachstum und Differenzierung hämatopoetischer Stammzellen, so dass deren Funktionsstörung zu einer Enthemmung des Wachstums von Stammzellen führen kann.

Die Symptome lassen sich auf die Funktionsstörung der vermehrten Thrombozyten und auf eine Störung der Mikrozirkulation des Blutes infolge erhöhter Viskosität zurückführen. Dazu gehören Sehstörungen, Kopfschmerzen und Schwindel infolge der gestörten Fließeigenschaften des Blutes bzw. vermehrte Blutungen wie Nasenbluten, Zahnfleischbluten oder Hämatome. Zu den schwerwiegenden Komplikationen, die die Lebenserwartung einschränken, gehören thromboembolische Ereignisse wie tiefe Beinvenenthrombose (TBVT), Pfortaderthrombose, Lungenembolie, Myokardinfarkt und transitorisch ischämische Attacken (vorübergehende Durchblutungsstörung in Abschnitten des Gehirns) bis hin zum Schlaganfall.

Die essentielle Thrombozythämie wird häufig im Rahmen von Routineuntersuchungen als Zufallsbefund entdeckt. Die Thrombozytenzahl liegt über 600.000/µl Blut. Werte über 2 Mio/µl kommen durchaus vor. Ein Funktionsdefekt der Thrombozyten kann im Thrombelastogramm entdeckt werden. Zur Unterscheidung einer reaktiven Thrombozytose sollte eine Knochenmarksbiopsie durchgeführt werden. Die Punktmutation in der JAK2-Kinase kann durch molekulargenetische Untersuchungen nachgewiesen werden.

Eine essentielle Thrombozythämie ist nicht heilbar. Ziel einer Therapie ist es, die Thrombozytenzahl unter 1,5 Mio/µl Blut zu halten und thromboembolische Komplikationen zu verhindern. Zur Reduktion der Thrombozytenzahl können das Zytokin Interferon alfa oder Zytostatika wie Hydroxycarbamid bzw. das Imidazolidin Anagrelid eingesetzt werden. Eine Gabe von niedrig dosiertem ASS muss gegen das erhöhte Blutungsrisiko abgewogen werden.

Polycythaemia vera

Die Polycythaemia vera (= Polyzythämie) gehört wie die chronisch myeloische Leukämie (CML), essentielle Thrombozythämie und Osteomyelofibrose zu den myeloproliferativen Erkrankungen, die aufgrund genetischer oder erworbener Defekte von Knochenmarkszellen (myelos = Knochenmark) einen malignen Verlauf nehmen kann. Es kommt zu einer Vermehrung aller Zellreihen im Blut (Polyglobulie = Vermehrung von Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten), wobei besonders die Erythrozyten-Zahl ansteigt. Die Polycythaemia vera ist eine seltene Erkrankung. Ihre Inzidenz liegt bei 0,5 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner im Jahr. Der Häufigkeitsgipfel liegt jenseits von 60 Jahren. Als Ursache findet sich in 80 % der Fälle eine Mutation der Janus-Kinase 2 (JAK2). Über Januskinasen werden Transkriptions- und Wachstumsfaktoren geregelt, so dass eine durch Mutation im codierenden Gen hervorgerufene Funktionsstörung zu einer vermehrten Zellteilung führen kann.

Im Vordergrund der Erkrankung steht die erhöhte Thrombosegefahr durch die Erythrozytose (= Erhöhung der Zahl der Erythrozyten im Blut) mit stark erhöhtem Hämatokrit-Wert (= prozentualer Anteil fester Bestandteile im Blut). Besonders gefürchtet sind arterielle Verschlüsse wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Häufig kommt es wegen der erhöhten Blutviskosität zu Thrombosen (z. B. Beinvenenthrombose) mit entsprechenden Komplikationen wie z. B. der Lungenembolie. Vorzeichen eines Schlaganfalls infolge einer Durchblutungsstörung sind transitorisch ischämische Attacken (TIA), eventuell mit Schwindel oder kurzem Bewußtseinsverlust. Die hohe Zahl von Erythrozyten im Blut lässt die Haut der Patienten sehr rosig erscheinen. Dennoch kann es infolge von Durchblutungsstörungen immer wieder zu einer Akrozyanose kommen (= Blauverfärbung der Haut an den Akren). Die Erhöhung der Zellzahl aller Zellreihen führt auch zu einer Erhöhung des Abbaus im Körper, der vorwiegend in der Milz stattfindet. So kommt es im Verlauf der Erkrankung immer zu einer Vergrößerung der Milz (= Splenomegalie, teilweise bis ins kleine Becken reichend), die gegebenenfalls eine operative Entfernung der Milz nötig macht (= Splenektomie). In 20 % der Fälle entwickelt sich im Verlauf eine Osteomyelofibrose, bei der keine ausreichende Produktion von Blutzellen im Knochenmark mehr stattfindet. Nach Bestrahlung oder Chemotherapie zur Behandlung der Polycythaemia vera entwickelt sich in bis zu 10 % der Fälle im weiteren Verlauf eine akute myeloische Leukämie (AML).

Unbehandelt beträgt die Überlebenszeit nur wenige Jahre. Die Therapie erfolgt symptomatisch. Ziel ist es, die weitere Vermehrung der Blutzellen zu verhindern und gegebenenfalls die Zahl an Blutzellen zu verringern. An erster Stelle ist hier der regelmäßige Aderlass zu nennen, bei dem den Patienten regelmäßig Blut entnommen wird. In wöchentlichen Abständen werden 500 ml Blut abgenommen, um den Hämatokrit-Wert etwa auf 45 % zu senken. Über 60 % besteht ein sehr hohes Thromboserisiko. Bei Aderlässen muss regelmäßig Eisen supplementiert werden. Zur Verringerung des Thrombose-Risikos werden Thrombozytenaggregationshemmer wie Acetylsalicylsäure und/oder ADP-Hemmer wie Clopidogrel eingesetzt. Erhöhte Harnsäure-Werte durch den hohen Zellumsatz müssen gegebenenfalls mit Xanthinoxidase-Hemmern wie z. B. Allopurinol behandelt werden. Für die zytoreduktive Therapie stehen Interferon alpha und Hydroxycarbamid zur Verfügung. Auch eine Strahlentherapie kann notwendig werden.

Symptomatische Behandlung der Sichelzellanämie

Die Sichelzellanämie ist eine erbliche Erkrankung der roten Blutkörperchen (= Erythrozyten) und gehört zur Gruppe der Hämoglobinopathien. Durch eine Punktmutation auf Chromosom 11 ist an Position 6 der β-Kette des Hämoglobins die Aminosäure Glutaminsäure durch Valin ersetzt. Die Gen-Mutation in der β-Kette wird autosomal kodominant vererbt. Heterozygote Träger (Aa) haben ein gesundes Allel A und ein mutiertes Allel a, so dass die Erythrozyten 50 % normales Hämoglobin (HbA) und 50 % des veränderten Hämoglobins (HbS) enthalten. Heterozygote Träger sind in der Regel symptomfrei, können die Erkrankung als Konduktoren jedoch weitervererben. Nur bei starkem Sauerstoffmangel können die Erythrozyten die Sichelzell-Form annehmen und Symptome erzeugen. Bei homozygoten Trägern sind beide Allele verändert (aa). Deren Erythrozyten enthalten nur HbS. Schon unter physiologischem Sauerstoffmangel beginnen die Erythrozyten sich sichelförmig zu verformen. Die jetzt Sichelzellen genannten Erythrozyten sind wenig flexibel. Sie können Kapillaren verlegen und leicht hämolysieren. Beides kann zu schweren Symptomen beim Patienten führen.

Die vorzeitige Hämolyse führt zu einer Verminderung von Erythrozyten im Blut (= hämolytische Anämie) mit den typischen Begleitsymptomen wie Leistungsschwäche, Tachykardie und Dyspnoe. Kapilläre Verschlüsse und rezidivierende Durchblutungsstörungen können zu schwerwiegenden, zum Teil lebensbedrohlichen Organschäden führen. Typische Komplikationen sind ischämischer Schlaganfall, Herz- und Nierenversagen, Lungenentzündung bzw. pulmonale Hypertonie, Milzinfarkt oder Erblindung infolge eines Zentralarterienverschlusses. Prinzipiell kann die Erkrankung alle Organe betreffen. Die Lebenserwartung von homozygoten Trägern ist daher deutlich vermindert.

Derzeit ist nur eine symptomatische Therapie möglich. Eine Gentherapie, bei der mittels Retroviren reguläre Gene in Stammzellen transplantiert werden, ist in Tierexperimenten mittlerweile erfolgreich. Die Anämie wird mit regelmäßigen Bluttransfusionen behandelt, wobei der Eisenüberlastung des Körpers erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet werden muss. Hydroxycarbamid kann bei Erwachsenen und Kindern die Häufigkeit kapillärer Verschlüsse durch Sichelzellen um 60-80 % senken. Eine hohe Flüssigkeitszufuhr soll den Hämatokrit (= prozentualer Anteil fester Bestandteile am Blutvolumen = zu 99% Erythrozyten) im unteren Normbereich halten, um die Fließeigenschaften des Blutes zu verbessern. Im Verlauf der Erkrankung kann eine Splenektomie (= Entfernung der Milz) notwendig werden, weil die Sichelzellen dort vermehrt abgebaut werden und zu einer ausgeprägten Splenomegalie (= Vergrößerung der Milz) führen. Rezidivierende Organverschlüsse können eine ausgeprägte Schmerzsymptomatik zur Folge haben, die je nach Schwere mit NSAR oder Opiaten behandelt werden muss.

Dosierung

1 x täglich 15 – 40 mg/kg KG peroral
Zur individuelle Einstellung siehe Kommentar.

Patientenhinweis

Normalerweise werden die Tabletten geschluckt, ohne dass sie sich im Mund auflösen sollen. Bei Schluckbeschwerden kann die Kapsel geöffnet und in einem Glas Wasser aufgelöst werden.
Während der Therapie mit Litalir sollten die Blutwerte sowie die Leber- und Nierenfunktion regelmäßig überwacht werden.
Bei Kinderwunsch sollte vor der Behandlung mit Hydroxycarbamid eine genetische Beratung erfolgen.

Nebenwirkungen

  Knochenmarkdepression, Leukopenie, Thrombozytopenie

Im Rahmen der Therapie mit Hydroxycarbamid kommt es sehr häufig zu einer Anämie, die mit einer verminderten Plasmaeisen-Clearance und Eisenverwertung einhergehen kann. Außerdem führt der Wirkstoff sehr oft zu einer Knochenmarkdepression (nach Absetzen reversibel), die eine wöchentliche Kontrolle des Blutbildes erfordert. Zu Beginn der Therapie kommt es oft zur Bildung vergrößerter und unreifer Erythrozyten (megaloblastische Erythropoese) die im Krankheitsbild einer perniziösen Anämie ähnelt, sich aber dadurch unterscheidet, dass kein Mangel an Folsäure oder Vitamin B besteht.
Außerdem tritt aufgrund des Wirkmechanismus sehr häufig eine Thrombozytopenie und Leukopenie auf und die Zahl der CD4-Lymphozyten kann vermindert sein.

Das Hämogramm (Blutbild) stellt die Menge der in einer Blutprobe vorhandenen Erythrozyten (rote Blutkörperchen), Leukozyten (weiße Blutkörperchen), Thrombozyten (Blutplättchen) und Retikulozyten (polymorphkernige Blutkörperchen) nebeneinander dar. Beim Differentialblutbild werden sowohl quantitative als auch qualitative Parameter, wie z. B. die Form, mit herangezogen. Neben pathologischen Veränderungen können Abweichungen von den Normwerten auch durch unerwünschte Arzneimittelwirkungen bedingt sein. Auftreten können u. a.:
  • Leukopenie: Die Gesamtzahl aller Leukozyten (Granulozyten, Lymphozyten, Monozyten) im Blut ist auf unter 5.000/mm³ reduziert.
  • Leukozytose: Die Gesamtzahl aller Leukozyten im Blut ist über 10.000/mm³ erhöht.
  • Granulozytopenie: Verminderung der Anzahl der Leukozyten, insbesondere der neutrophilen Granulozyten.
  • Agranulozytose (perniziöse Neutropenie): Verminderung der Anzahl der Leukozyten (Leukopenie), die Granulozyten können komplett fehlen. Auch die Blutplättchen und das Knochenmark können betroffen sein. Eine Agranulozytose kann sich innerhalb von Stunden ausbilden und geht üblicherweise mit grippeähnlichen Symptomen einher, bei deren Auftreten der Patient darüber aufgeklärt sein muss, dass umgehend eine ärztliche Konsultation erfolgen sollte. Es wird symptomatisch therapiert; Breitbandantibiotika und Granulozyten-Koloniestimulierende Faktoren, wie Filgrastim, werden häufig in der Therapie verabreicht.
  • Eosinophilie: Erhöhung der Anzahl der eosinophilen Granulozyten im Blut. Bei allergischen Reaktionen wie dem Arzneimittelexanthem tritt dies zum Beispiel auf.
  • Thrombozytopenie: Verminderung der Anzahl der Thrombozyten unter 150.000/mm³. Durch den Mangel an Thrombozyten ist die Blutgerinnung gestört und es treten vermehrt Hämatome oder Blutungen auf.
  • Aplastische Anämie: Die Gesamtzahl aller Zellen im Blut ist reduziert (Panzytopenie). Ursache ist eine gestörte Stammzellreifung im Knochenmark.
Grundsätzlich stellen Blutbildveränderungen ernste bis lebensbedrohliche unerwünschte Wirkungen dar, die einer weitergehenden ärztlichen Abklärung bzw. Behandlung bedürfen.

  Erkrankungen der Haut

Als unerwünschte Wirkungen bei der Behandlung mit Hydroxycarbamid kommt es sehr häufig zu Alopezie, akralem (auf die Enden der Extremitäten bezogen) oder Gesichtserythrem, violetten Pappeln, Hautveränderungen, die häufig in Hautkrebs übergehen, aktinischer Keratose, und Abschälung der Haut.
Außerdem kommt es nach jahrelanger Erhaltungstherapie und täglicher Einnahme sehr häufig zu Hyperpigmentierung, von Haut und Nägeln sowie Haut- und Nagelatropie.

  Allgemeine Beschwerden

Zu den allgemeinen Erkrankungen, die während der Therapie mit Hxydroxycarbamid auftreten gehören arzneimittelinduziertes Fieber, Schüttelfrost, Unwohlsein, Asthenie und Überempfindlichkeitsreaktionen am Verabreichungsort.

  Erkrankungen des Nervensystems

Es kommt häufig zu peripheren Neuropathien sowie Kopfschmerzen, Schwindel und Krämpfen.
Bei hohen Dosen kann manchmal Schläfrigkeit auftreten.

  Gastrointestinale Störungen

Es kommt sehr oft zu gastrointestinalen Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und Anorexie sowie zu Diarrhöe, Obstipation und Dyspepsie.
Außerdem kommt es sehr oft zu Entzündungen wie Stomatitis und Mukositis. Gelegentlich tritt auch eine Pankreatitis auf, die in seltenen Fällen, bei HIV-infizierten Patienten zusammen mit antiretroviralen Substanzen, insbesondere Didanosin und Stavudin, tödlichen Ausgang nahm.

  Dysurie, Nierenfunktionsstörung

Es kommt sehr häufig zum Auftreten einer Dysurie und eingeschränkter Nierenfunktion und häufig kommt es zu Nierenschäden. Dies führt zu einer vorrübergehenden tubulären Nierenfunktionsstörung, die sich in erhöhten Harnsäure-, Harnstoff- und Serumkreatininwerten äußert.

  Atemwegserkrankungen

Bei der Behandlung mit Hydroxycarbamid kommt es häufig zu akuten Lungenreaktionen wie Atemnot und in seltenen Fällen auch Lungeninfiltrationen, Fibrose und allergischer Alveolitis.

  Leber- und Galleerkrankungen

Während der Behandlung mit Hydroxycarbamid kommt es häufig zum Anstieg der Leberenzyme (Transaminasen erhöht) und des Bilirubin.
Außerdem kommt es oft zum Stau von Gallenflüssigkeit in der Leber (Cholestase) und Hepatitis. Aufgrund der Lebertoxizität kann es auch zum Tode kommen.

  Desorientierung, Halluzinationen

  Azoospermie, Oligospermie

Die Azoospermie oder auch Oligospermie kann die Fertilität irreversibel beeinträchtigen. Daher sollten behandelte Männer vor Beginn der Therapie über die Möglichkeit einer Spermienkonservierung informiert werden. Während der Behandlung und bis zu sechs Monate danach sollte eine zuverlässige Empfängnisverhütung angewendet werden.

Kontraindikationen

Schwere Anämie

Eine schwere Anämie sollte vor Beginn der Therapie ausgeglichen werden.

Leukopenie

Wenn der Leukozytenwert therapiebedingt unter 2,5 x 109/l abfällt, sollte die Therapie so lange unterbrocen werden, bis sich der Wert deutlich normalisiert hat.

Thrombozytopenie

Sollte die Thrombozytenzahl therapiebedingt unter 100 x 109/l absinken, muss die Therapie abgebrochen werden. Nach drei Tagen sollte eine erneute Messung der Thrombozytenzahl erfolgen, da die Thrombozyten nach Neubildung noch für ca. 36 Stunden in der Milz verbleiben.

Blutbildungsstörungen

Sollte eine schwere Knochenmarkdepression auftreten, ist die Behandlung mit Hydroxycarbamid abzubrechen.

Schwangerschaft und Stillzeit

Bei Hydroxycarbamid handelt es sich um einen stark teratogenen Wirkstoff. Es wurden Fälle von fetalem Tod, fetaler Missbildungen der Eingeweide und des Skeletts sowie Wachstumsstörungen und funktionelle Missbildungen beobachtet. Da der Wirkstoff auch erbgutschädigend ist, sollte bei Kinderwunsch vor Therapiebeginn eine genetische Beratung erfolgen. Damit eine Frau während der Behandlung mit Hydroxycarbamid nicht schwanger wird, müssen geeignete Maßnehmen zur Empfängnisverhütung eingehalten werden. Sollte dennoch eine Schwangerschaft auftreten, oder bestehen ist eine genetische Beratung notwendig.
Aufgrund der erbgutschädigenden Wirkung müssen auch Männer während und für bis zu 6 Monate nach der Behandlung eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden.

Da Hydroxycarbamid in die Muttermilch gelangt, muss, um Schäden für das Kind zu vermeiden, abgestillt werden.

Wechselwirkungen

  Antineoplastische Arzneimittel und Strahlentherapie

Die Nebenwirkungen der Therapie werden bei gleichzeitiger Anwendung, oder auch, wenn die Strahlentherapie zuvor erfolgte, verstärkt. Vor allem Knochenmarkdepression, gastrointestinale Irritationen und Mucositis, aber auch Erythreme treten vermehrt auf. Nahezu bei allen Patienten, die Hydroxycarbamid in Zusammenhang mit einer Strahlentherapie bekommen haben, ist eine Leukopenie aufgetreten, die auch mit Thrombozytenwerten unter 100 x 109/l einher ging.

  Antiretrovirale Arzneimittel

In Zusammenhang mit antiretroviralen Arzneimitteln wie Didanosin (vor allem in der Kombination mit Stavudin) wurden Pankreatitis und Leberschädigungen mit tödlichem Ausgang beobachtet. Daher sollte die Kombination mit Hydroxycarbamid auf jeden Fall vermieden werden.

Zu Aciclovir (Virostatika) wechseln

  Lebendimpfstoffe

Wird Hydroxycarbamid mit Lebendimpfstoffen kombinert, erhöht sich das Risiko für tödlich systemische Impfreaktionen, da der Wirkstoff die Immunantwort unterdrückt. Bei immunsupprimierten Patienten können schwere Infektionen auftreten.

  Benzodiazepine

Der sedierende Effekt der Benzodiazepine wird durch die gleichzeitige Gabe von Hydroxycarbamid verstärkt, so dass das Reaktionsvermögen stark eingeschränkt sein kann.

Benzodiazepine anzeigen

  Cytarabin und Fluoropyrimidine

Die Zytotoxizität von Cytarabin und Fluoropyrimidinen wird in Kombination mit Hydroxycarbamid verstärkt. Noch ist allerdings nicht klar, ob es klinisch zu einer kooperativen Toxizität führt, oder eine Dosisanpassung der Wirkstoffe erfordert.

Strukturformel

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Kommentar

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Wirkmechanismus

Die Ribonukleotidreduktase (RNR) ist ein Enzym, welches die 2´-Hydroxygruppe von Ribonukleotiden reduziert und so die Bildung von Desoxynukleotiden katalysiert (aus einem RNA-Baustein wird also ein DNA-Baustein geformt). Diese Reaktion stellt den letzten Schritt der DNA-Synthese dar und ist daher essentiell für die Zellteilung. Außerdem stellt sie auch einen wichtigen Schritt bei Reparaturmechanismen geschädigter DNA dar.
Hydroxycarbamid blockiert die RNR, wobei der genaue Mechanismus nicht bekannt ist. Sowohl die Blockade der Zellteilung als auch die Blockade von DNA-Reparaturmechanismen kann die Apoptose von Zellen einleiten, wobei -wie beim Einsatz anderer Zytostatika auch- besonders sich schnell teilende Zellen wie z. B. Tumorzellen betroffen sind. Da aber auch gesunde Körperzellen an der Zellteilung gehindert werden, kommt es besonders bei Organen mit hohem Zellumsatz wie Knochenmark, Darm oder Leber zu Nebenwirkungen, die die Dosis von Hydroxycarbamid limitieren.
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Patientenhinweis

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Dosierung

Die Dosierung erfolgt auf Grundlage des Idealgewichts oder auf dem tatsächlichen Gewicht des Patienten, je nachdem welches niedriger ist. Sollten myelosupressive Arzneimittel gegeben werden, muss die Dosis dahingehend abgestimmt werden. Eine engmaschige hämatologische Überwachung wird empfohlen.

Chronisch myeloische Leukämie (CML)
Bei CML wird mit einer Initialdosis von 40 mg/kg Körpergewicht (KG) begonnen und sie wird um 50 % reduziert, wenn die Leukozytenzahl unter 20 x 109/l sinkt (Zielbereich: 5-10 x 109/l). Danach erfolgt eine individuelle Anpassung, wobei die Dosis weiter reduziert werden sollte, wenn die Anzahl der Leukozyten unter den niedrigsten Zielwert sinkt und erhöht werden, sobald sie den höchsten Zielwert übersteigt.
Sollte der Leukozytenwert unter 2,5 x 10 /l sinken oder die Thrombozytenzahl unter 100 x 109/l (Normwert: 150-450 x 109/l) abfallen, sollte die Therapie abgebrochen werden (Kontrolle nach 3 Tagen). Außerdem sollte die Therapie beendet werden, wenn nach einer Testphase von 6 Wochen ein signifikanter Fortschritt der Erkrankung festzustellen ist. Wenn die Medikation signifikante Wirksamkeit zeigt, kann die Therapie lebenslang fortgesetzt werden.

Essentielle Thrombozytämie
Es wird mit einer Initialdosis von 15 mg/kg KG begonnen, die individuell angepasst wird um die Thrombozytenzahl unter 600 x 109/l zu halten, ohne dabei die Leukozytenzahl unter 4 x 109/l abzusenken. Wenn die Werte angemessen unter Kontrolle gebracht werden können, ohne dass die Nebenwirkungen die Therapie behindern, kann die Therapie lebenslang fortgesetzt werden.

Polycythämia vera
Die Behandlung wird üblicherweise mit einer Dosierung von 15-20 mg/kg KG begonnen und individuell angepasst um den Hämatokrit (Volumenanteil der Erythrozyten am Gesamtblut) unter 45 % zu senken (Normwert weiblich: 37-47 %, männlich: 40-54 %) und die Thrombozytenzahl unter 400 x 109/l zu halten. Bei den meisten Patienten kann dies mit 500-1000 mg pro Tag erreicht werden. Die Behandlung kann lebenslang fortgesetzt werden.

Sicherzellanämie
Die Dosierung beträgt initial 15 mg/kg KG pro Tag und kann in Schritten von 2,5-5 mg/kg KG pro Tag auf einen Maximaldosis von 35 mg/ kg KG pro Tag erhöht werden. Bei klinischem oder hämatologischem Ansprechen der Therapie, kann die Dosierung beibehalten werden, bei Nichtansprechen der Maximaldosis über 3-6 Monate sollte die Therapie abgebrochen werden.

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