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          < Lactulose >

Lactulose

 

Wirkmechanismus

Osmotisches Laxans: Nicht-resorbierbarer Zuckeralkohol wird vergärt und hält Wasser im Darm zurück

Anwendung

Obstipation

Chronische Obstipation kommt mit einer Prävalenz von 5-15 % in Deutschland vor, sie nimmt mit dem Alter zu. Männer sind seltener betroffen. Annahmen über Art und Häufigkeit der "richtigen" Darmentleerung variieren innerhalb der Bevölkerung stark.
Im Allgemeinen wird von chronischer Obstipation gesprochen bei weniger als 3 Stühlen pro Woche und subjektiven Wahrnehmungen, wie "starkes Pressen", "harter Stuhl" und "unvollständige Entleerung", über mindestens 3 Monate. Kausalitäten zwischen mangelnder Bewegung, faserarmer Kost und geringer Flüssigkeitsaufnahme sind beschrieben, aber durch evidenzbasierte Daten nicht vollständig belegt. Es scheint vielmehr so zu sein, dass eine Veranlagung zur Obstipation durch die erwähnten Faktoren getriggert wird. Auch muss bedacht werden, dass mechanische Störungen (z. B. Obstruktionen), Arzneimittel (z. B. Opioide, Diuretika) oder Erkrankungen (z. B. Hypothyreose, Parkinson, Reizdarmsyndrom) eine chronische Obstipation hervorrufen können.

Eine Therapie der chronischen Obstipation kann zunächst mit Ballaststoffen (positiver Wirksamkeitsnachweis) erfolgen, einer täglichen Trinkmenge von 1,5-2 Litern und körperlicher Aktivität.
Persistiert die Obstipation sind Makrogol, Bisacodyl und Natriumpicosulfat Mittel der 1. Wahl, wobei eine Begrenzung der Einnahme unbegründet ist. Elektrolytverschiebungen werden auch bei Daueranwendung nicht beobachtet. Zu einer Gewöhnung kommt es nur sehr selten.
Mittel der 2. Wahl sind Zuckerstoffe wie Lactulose und Antrachinone. Anthrachinone sind den Zuckerstoffen überlegen, führen aber zu Elekrolytverschiebungen (vor Allem zu Kaliumverlust) und in seltenen Fällen zur Gewöhnung und sollten daher nur zeitlich begrenzt eingesetzt werden.
Hat der Patient (zusätzlich) Darmentleerungsstörungen können Klysmen eingesetzt werden. Salinische Laxantien sind wirksam, sollten jedoch wegen eventueller Nebenwirkungen eher nicht gegeben werden. Paraffinöl soll wegen möglicher Nebenwirkungen nicht gegeben werden. (S2k-Leitlinie Chronische Obstipation, 02/2013)

Bei Erkrankungen, die eine erleichterte Defäkation erfordern

Es gibt verschiedene Krankheitssituationen, bei denen eine erleichterte Defäkation erwünscht ist. Im ambulanten Bereich geht es dabei meist um ein schwerwiegendes Hämorrhoidalleiden, aber auch um andere Leiden wie z. B. Analfissuren im Rahmen eines Morbus Crohn. Unter der Bauchpresse bei der Defäkation können Hämorrhoiden platzen und zu aufgelagertem Blut im Stuhl führen. Im stationären Bereich können frische Operationsnarben besonders im Brust- und Bauchbereich unter der bei der Defäkation erhöhten Bauchpresse wieder aufgehen. Laxantien wie Bisacodyl oder Lactulose tragen neben ihrer abführenden Wirkung zu einer Stuhlerweichung und damit zu einer in diesen Situationen erwünschten verminderten Bauchpresse bei.

Prophylaxe und Therapie bei portokavaler Enzephalopathie

Die portokavale Enzephalopathie (= hepatische Enzephalopathie) umschreibt eine Funktionsstörung des (im wörtlichen Sinn) Gehirns, letztlich aber des gesamten ZNS im Rahmen einer Leberzirrhose. Der Begriff „portokaval“ bezieht sich auf die im Verlauf eines fibrotischen Umbaus der Leber stattfindenden veränderten venösen Blutströme im Körper, die zu der Funktionsstörung im ZNS beitragen. Neben der Leberzirrhose gibt es auch andere Ursachen für Enzephalopathien, wie z. B. die Bilirubin-Enzephalopathie (bei Neugeborenen mit Kernikterus), die urämische Enzephalopathie (bei schwerer Niereninsuffizienz), die Wernicke-Enzephalopathie (bei chronischem Alkoholismus) und die HIV-Enzephalopathie. Dabei können die jeweiligen Symptome durchaus variieren, weil eine Funktionsstörung bzw. -einbuße in verschiedenen Bereichen des Gehirns auftreten und reversibel oder irreversibel sein kann. Bei der portokavalen Enzephalopathie ist der Druck in der Pfortader (Vena porta) durch den zirrhotischen Umbau in der Leber pathologisch erhöht. Infolge dieser Druckerhöhung fließt das venöse Blut aus dem Magen-Darm-Trakt nicht mehr wie normalerweise komplett durch die Pfortader (Vena porta) und damit durch die Leber, sondern nimmt teilweise über sich dann öffnende Anastomosen einen Weg des geringeren Widerstands. Diese Anastomosen sind venöse Umgehungskreisläufe, die vorwiegend über Magen und Ösophagus in die obere Hohlvene (Vena cava superior) führen, später auch über rektale Umgehungskreisläufe in die untere Hohlvene (Vena cava inferior), von den Hohlvenen direkt ins Herz und von dort weiter in den großen Kreislauf (=portokavaler Umgehungskreislauf). Je weiter die Leberzirrhose fortschreitet und je höher der Druck in der Pfortader steigt, desto mehr Blut wird an der Leber vorbeigeleitet. Damit können Stoffwechselprodukte und im Darm aufgenommene Nährstoffe aus dem Körper nicht mehr in der Leber entgiftet werden, bevor sie in den großen Kreislauf und damit auch ins Gehirn gelangen. Ein weiteres pharmakologisch wichtiges Phänomen ist der dabei geringere First-pass-Effekt, weil auch aus dem Darm aufgenommene Arzneistoffe direkt in den großen Kreislauf gelangen können. Weiterhin ist auch die Entgiftungskapazität der Leber insgesamt durch den Untergang von gesunden Hepatozyten deutlich eingeschränkt. Ammoniak ist neben anderen Stoffen wie Mercaptanen, Phenolen, GABA oder kurzkettigen Fettsäuren ein wichtiges toxisches Stoffwechselprodukt, das daher im Körper kumuliert (Hyperammonämie). Es überwindet sehr leicht die Blut-Hirn-Schranke und wirkt an den Nervenzellen als Zellgift. Bei dem Versuch der zerebralen Ammoniak-Entgiftung entsteht in den Astrozyten (ein Typ der Neurogliazellen) Glutamin, das zu einer Zellschwellung und letztlich zu einem Hirnödem führt.

Die hepatische Enzephalopathie wird in Stadien eingeteilt. Die Symptome verstärken sich mit der Zunahme des Hirnödems und fast immer auch mit der Zunahme des Serum-Ammoniak-Spiegels:
  • Stadium 0: latente oder minimale Enzephalopathie mit Konzentrationsschwäche, Aufmerksamkeitsstörungen, Antriebsminderung und leichten Störungen der Feinmotorik
  • Stadium I: von außen erkennbare Minderung der Bewusstseinslage, Abnahme der intellektuellen Leistungsfähigkeit und auffällige Störungen der Feinmotorik mit beginnender Veränderung des Schriftbilds („flapping tremor“ = feinschlägiger Tremor)
  • Stadium II: erhebliche Minderung der Bewusstseinslage mit Orientierungs- und Gedächtnisstörungen, verzögerter Reaktion auf Ansprache, verwaschener Sprache und deutlichem „flapping tremor“
  • Stadium III: hochgradige Bewusstseinsstörung bis hin zum Sopor (= meist schlafender, aber erweckbarer Patient)
  • Stadium IV: Koma (= Bewusstlosigkeit ohne Reaktion auf Schmerzreize, hier: Coma hepaticum)

Bei der Therapie müssen eventuelle Auslöser der Leberzirrhose (z. B. Alkohol) unbedingt gemieden werden. Dennoch muss erwähnt werden, dass eine Zirrhose ein irreversibler Zustand ist und die Vermeidung eines Auslöser darauf abzielt, eine weitere Verschlechterung so lange wie möglich aufzuhalten. Ein weiteres Ziel der Therapie ist ein möglichst weitgehendes Zurückbilden der Symptome, um eine selbständige Lebensführung weiter oder wieder zu ermöglichen, wobei eine komplette Remission nicht immer zu erreichen ist. Der wichtigste Arzneistoff zur Behandlung der portokavalen Enzephalopathie ist Lactulose. Lactulose kann im Darm nicht abgebaut werden. Bei der Vergärung entstehen kurzkettige Säuren, die den Darm-pH absenken. Das beim Nahrungsabbau entstehende Ammoniak wird protoniert. Es kann daher deutlich schlechter durch die Zellmembran der Enterozyten in das Blut aufgenommen werden. Darüber hinaus verändert Lactulose bei regelmäßigem Einsatz die Darmflora. Dabei siedeln sich im Darm eher weniger ammoniakbildende Bakterien an, was zu einer weiteren Senkung des Serum-Ammoniaks beitragen kann. Dieses Wirkprinzip wird beim Einsatz von oral anzuwendenden Lokalantibiotika ausgenutzt. Rifaximin, der zweitwichtigste Arzneistoff zur Behandlung der portokavalen Enzephalopathie, und das heute nur noch selten eingesetzte Neomycin dienen zur Abtötung der Darmflora und damit auch zur Abtötung der Ammoniakbildner. Bei schwerer hepatischer Enzephalopathie werden mehrfach täglich rektale Darmspülungen mit Lactulose durchgeführt. Als weitere Therapieoption, die zur Überbrückung bis zu einer eventuellen Lebertransplantation möglich ist, steht eine Albumin-Dialyse nach MARS (Molecular Adsorbents Recirculating System) zur Verfügung, bei der toxische Stoffe und Stoffwechselprodukte an Albumin gebunden werden.

Dosierung

Erwachsene:
1-2 x täglich 5-10 g peroral

Kinder:
1-2 x täglich 3-6 g peroral

Bei portokavale Enzephalopathie:
Beginnend mit 3-4 x täglich 5-10 g peroral, später auf 3-4 x täglich 20-30 g

Patientenhinweis

Ernährung beachten: Ballaststoffreiche Nahrung, viel trinken!
Wenn möglich, viel bewegen!
Einnahme morgens

Nebenwirkungen

  Leichte Bauchschmerzen

Abdominalschmerzen treten besonders bei Behandlungsbeginn auf.

  Flatulenz

Beim Abbau von Lactulose im Dickdarm entstehen neben Säuren auch Gase wie Methan.

  Elektrolytstörungen, Übelkeit, Erbrechen

Bei Einnahme von hohen Dosen oder längerfristiger Einnahme kann es durch die Verflüssigung des Stuhls zu einer vermehrten Ausscheidung von Wasser und Elektrolyten kommen.

Kontraindikationen

Akut-entzündliche Magen-Darm-Erkrankungen

Ileus

Störungen des Wasser- und Elektrolythaushaltes

Bei Einnahme von hohen Dosen oder längerfristiger Einnahme kann es durch die Verflüssigung des Stuhls zu einer vermehrten Ausscheidung von Wasser und Elektrolyten kommen.

Wechselwirkungen

  Kaliumausschwemmende Arzneimittel

Der Kaliumverlust kann verstärkt werden.

Kaliumausschwemmende Arzneimittel anzeigen

  Herzglykoside

Durch eine mögliche vermehrte Ausscheidung von Kalium wird die Glykosidwirkung verstärkt.

Herzglykoside anzeigen

Strukturformel

Strukturformel

Kommentar

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Wirkmechanismus

Lactulose wird im Dünndarm nicht hydrolysiert und nicht resorbiert. Erst im Dickdarm wird sie durch bakterielle Enzyme gespalten, und es entstehen vor allem Milchsäure und Essigsäure.
Im Dickdarm wird osmotisch Wasser zurückgehalten, sowohl durch das Disaccharid Lactulose als auch durch die entstandenen Säuren. Diese sollen zudem direkt die Darmperistaltik anregen. Der Defäkationsreiz tritt nach etwa 8-10 h auf.
Eine weitere Wirkung ist die Senkung des Ammoniakspiegels im Blut. Durch den kleineren pH-Wert im Dickdarm wird Ammoniak dort protoniert und ist so nicht mehr resorbierbar. Zudem wird das Wachstum der saccharolytischen Darmflora begünstigt, wogegen das der proteolytischen Bakterien erschwert wird.
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Patientenhinweis

Eine Obstipation sollte nicht nur gegebenenfalls mit einem Laxans behandelt werden, sondern es sollte bei andauernden Beschwerden die Ursache abgeklärt werden und wenn möglich behandelt bzw. verändert werden. Ein Ansatzpunkt sollte hierbei stets die Ernährung sein.
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Dosierung

Lactulose kann verdünnt oder unverdünnt eingenommen werden. Die Dosis muss in jedem Fall individuell angepasst werden. Bis zum Wirkungseintritt dauert es im allgemeinen 8-10 h, die Defäkation kann aber auch bereits nach 2 h eintreten. Es empfiehlt sich, bei einmal täglicher Gabe das Arzneimittel morgens einzunehmen. Die Einnahme kann unabhängig von den Mahlzeiten erfolgen.

Bei portokavaler Enzephalopathie ist die Dosierung so anzupassen, dass täglich 2-3 weiche Stühle entleert werden.

Während einer Therapie mit Laxantien ist auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr von 1,5-2 Liter/ Tag zu achten.

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