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          < Fingolimod >

Fingolimod

  

Wirkmechanismus

Immunmodulator:
Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor-Antagonist an Lymphozyten; Blockade der Migration von Lymphozyten aus den Lymphknoten in das ZNS

Anwendung

Hochaktive schubförmig remittierende multiple Sklerose

Fingolimod ist zugelassen für die Behandlung der hochaktiven schubförmig-remittierend verlaufenden multiplen Sklerose bei folgenden Gruppen erwachsener Patienten:
  • Patienten mit hochaktiver Erkrankung trotz Behandlung mit mindestens einer krankheitsmodifizierenden Therapie in angemessener Länge
  • Patienten mit rasch fortschreitender schwerer schubförmig-remittierender multipler Sklerose, definiert durch zwei oder mehr Schube mit Behinderungsprogression in einem Jahr und mit einer oder mehr Gadolinium-anreichernden Läsion/-en im MRT bzw. einer signifikanten Erhöhung der T2-Läsionen


Multiple Sklerose

Die multiple Sklerose (= MS, Enzephalomyelitis disseminata) ist eine immunvermittelte chronisch-entzündliche Erkrankung der Markscheiden (= Myelinscheiden, = “weiße Substanz“) im ZNS. Dabei überwinden körpereigene aktivierte Abwehrzellen wie z. B. Lymphozyten die Blut-Hirn-Schranke und greifen die Markscheiden im Rahmen einer Autoimmunreaktion an. Es kommt zu Demyelinisierungen, die je nach Lokalisation zu neurologischen Symptomen führen. Mittlerweile weiß man, dass auch die graue Substanz (= Nervenzellen) im Verlauf einer MS angegriffen wird.

In Deutschland gibt es derzeit etwa 252.000 Erkrankte (jährlich 16-18 pro 100.000 Neuerkrankungen). Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Die Diagnose wird meist zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr gestellt. Damit ist die multiple Sklerose die häufigste neurologische Erkrankung junger Erwachsener. Die Ursache der multiplen Sklerose ist nicht bekannt. Multiple Sklerose ist bislang nicht heilbar. Ziel aller therapeutischen Maßnahmen ist es, die Unabhängigkeit des Patienten im Alltag zu erhalten und die beste erreichbare Lebensqualität zu gewährleisten. Die bestehenden therapeutischen Möglichkeiten lassen sich in die Schubtherapie, die immunmodulierende Langzeittherapie und die Behandlung symptomatischer Beschwerden unterteilen. Ein Schwerpunkt liegt auch auf der Verhinderung von Komplikationen der MS, die beispielsweise infolge der Immobilität des Patienten auftreten können. Die Auswahl der therapeutischen Maßnahmen berücksichtigt immer den individuellen Fall des Patienten. Die volkswirtschaftlichen Kosten belaufen sich bundesweit jährlich auf etwa 4 Milliarden Euro. Die Mortalität (= Sterblichkeit) ist erst bei höhergradiger Behinderung aufgrund direkter Folgen bzw. Komplikationen der Erkrankung erhöht.

Die MS wird in verschiedene Verlaufsformen unterteilt:
  • KIS (klinisch isoliertes Syndrom): Erste Manifestation, die mit der Diagnose einer MS vereinbar ist, bei der aber zur Definition das zeitliche Voranschreiten nicht erfüllt ist. Das räumliche Fortschreiten (räumliche Dissemination) der Läsionen muss aber bereits nachgewiesen sein. Ein KIS zählt definitionsgemäß noch nicht zur Multiplen Sklerose.
  • RRMS (Relapsing Remitting Multiple Sclerosis = schubförmig remittierende MS): Hierbei handelt es sich um die häufigste Verlaufsform, bei der es zur teilweisen oder kompletten Remission der Symptome kommt.
  • SPMS (Sekundäre progrediente MS): Entwickelt sich aus der RRMS mit oder ohne zusätzliche Schübe. Es kommt zu einer schubunabhängigen Progressionsdauer von mindestens 6 bis 12 Monaten.
  • PPMS (primär progrediente MS): Die Behinderung schreitet von Beginn ab voran, wobei auch einzelne Schübe möglich sind.
Die EMA unterteilt nach Verlaufsformen in RMS, PSMS und PPMS. Die RMS beinhaltet die RRMS und die SPMS mit zusätzlichen Schüben.

Das klinisch isolierte Syndrom als Anfangsstadium kann, muss aber nicht vorkommen. Typische Frühsymptome einer MS sind Sensibilitätsstörungen, Gangunsicherheit bzw. eine belastungsabhängige Schwäche in den Beinen oder eine Optikus-Neuritis (= Entzündung des Sehnervs = 2. Hirnnerv) mit plötzlich auftretender Sehschwäche. Die Schwierigkeit der Diagnose MS beim KIS liegt darin begründet, dass die klassischen Kriterien der MS mit räumlicher und zeitlicher Dissemination (= Verteilung) von Entzündungsherden noch nicht bezüglich der zeitlichen Dissemination erfüllt sind und es passiert nicht selten, dass das KIS häufig als solches gar nicht erkannt wird. Trotz der Verbesserung von MRT-Techniken (MRT = Magnet-Resonanz-Tomographie) und mehrfacher Revision der Diagnose-Kriterien vergehen leider immer noch im Schnitt 3,4 Jahre bis zur Diagnosestellung MS.
Bei der schubförmigen MS kommt es zu wiederkehrenden akuten Schüben, deren Symptome sich nach ca. 6-8 Wochen wieder vollständig zurückbilden. Klinisch beginnt die MS bei über 80 % der Patienten mit einem schubförmigen Verlauf. Zur Orientierung sei angegeben, dass bei natürlichem, unbehandeltem Verlauf etwa 1,8 Schübe pro Jahr auftreten.
Eine schubförmig verlaufende MS geht unbehandelt bei mindestens 50 % der Patienten nach durchschnittlich 10 Jahren in eine sekundär progrediente Form über. Bei dieser Verlaufsform bilden sich die Symptome nach einem Schub nicht mehr vollständig zurück, so dass eine (Funktions-)Einschränkung bestehen bleibt, die sich im Verlauf -zum Teil auch unter weiter auftretenden akuten Schüben- weiter verschlechtert.
Ca. 10-15 % der Patienten haben eine primär progrediente Form der MS. Sie beginnt erst in einem höheren Lebensalter als die schubförmige MS. Männer sind bei dieser Form etwa gleich häufig betroffen wie Frauen. Bei dieser Form kommt es ohne einzelne Schübe zu langsam stetig fortschreitenden Behinderungen. Die in der Regel nur wenigen entzündlichen Veränderungen liegen bevorzugt im Rückenmark, so dass die im folgenden beschriebenen Symptome mehr das Gangbild und vegetative Störungen betreffen.

Die Symptomatik bei einer MS ist ausgesprochen vielgestaltig. Da die entzündlichen Läsionen überall in der weißen Substanz vorkommen können, sind sensorische, motorische, vegetative und psychische Symptome möglich, wobei zu Beginn der Erkrankung meist Sensibilitätsstörungen wie Missempfindungen (= Parästhesien), Taubheitsgefühle, Schmerzen und/oder Sehstörungen im Vordergrund stehen. Typisch motorische Störungen sind Lähmungen (= Paresen) der Extremitäten und eine abnorme Erhöhung des Muskeltonus im Sinne einer Spastik, die zu schweren Behinderungen im Alltag und eventueller Rollstuhlpflicht führen. Weitere spezielle motorische Symptome sind eine Ataxie (= Störung der Bewegungskoordination), Tremor, Sprechstörungen (= Dysarthrie), Schluckstörungen (= Dysphagie) oder ein Nystagmus (= Störung der Augenbewegung). Auch zentrale Funktionsstörungen werden bei der MS häufig angetroffen. Ein sehr großes Problem stellt die bei ca. 80 % der MS-Patienten anzutreffende gesteigerte körperliche und geistige Ermüdbarkeit (= Fatigue) dar. Weiterhin können Konzentrationsstörungen, aber auch eine Demenz auftreten. Im Verlauf kann es auch zu psychischen Störungen wie Depressionen und Wesensveränderungen kommen. Häufige vegetative Störungen sind gegebenenfalls symptomatisch zu behandelnde Blasen- und Mastdarmfunktionsstörungen sowie Sexualfunktionsstörungen.

Die Erkrankung MS wird als Ausschlußdiagnose definiert. Für die Diagnostik einer MS sind die Anamnese, bei der nach früher stattgefundenen neurologischen Ereignissen geforscht werden soll, und die Objektivierung der aktuell vorliegenden neurologischen Symptome wichtig. Ein Schub wird definiert als ein neues bzw. wieder auftretendes neurologisches Symptom, das vom Patienten berichtet oder durch eine Untersuchung objektiv feststellbar ist. Dabei muss es mindestens 24 Stunden anhalten, mit einem Zeitabstand von mindestens 30 Tagen zu einem vorausgegangenen Schub auftreten und darf nicht im Zusammenhang mit einer gleichzeitig bestehenden Erhöhung der Körpertemperatur (= Uhthoff-Phänomen) bzw. im Rahmen einer anderen Infektion auftreten. Diese Definition des MS-Schubs ist wichtig, weil sich nach der Anzahl der Schübe die verlaufsmodifizierende Therapie richtet und der Therapieerfolg beurteilt wird. Die Diagnose MS nach/bei einem Schub stützt sich auf den klinischen Nachweis der zeitlichen und örtlichen Dissemination von Läsionen im ZNS, die sich durch keine andere Erkrankung besser erklären lassen als durch eine MS.

Die Therapie der MS unterscheidet sich je nach Stadium bzw. Verlauf. Hinzu kommt eine je nach Situation erforderliche symptomatische Therapie.

Als Standard für die Schubtherapie gilt die intravenöse Gabe von Methylprednisolon (500-1000 mg) über 3-5 Tage schnellstmöglich nach Schubbeginn. Die orale Gabe ist zwar gleichwertig möglich, aber da Methylprednisolon nur in Tabletten mit 40 mg im Handel ist, wären täglich bis zu 25 Tabletten einzunehmen. Je nach Schwere und Dauer der Symptome kann auch eine Plasmapherese oder Immunadsorption erwogen werden, die innerhalb von sechs bis acht Wochen nach Schubbeginn erfolgen sollte.

Von einer immunmodulierenden Langzeittherapie profitieren vor allem junge Patienten mit RRMS, bei denen die Therapie im frühen Stadium der Erkrankung begonnen wird, da sie so den größten Effekt auf das Entzündungsgeschehen hat. Bei älteren Patienten oder den progredienten Verläufen ist sie weniger effektiv. Außerdem steigt bei älteren Patienten das Risiko von Infektionen und Neoplasien im Rahmen der Immunseneszenz an. Trotz der Einführung vieler neuer Wirkstoffe ist man noch nicht in der Lage die MS zu heilen. Bisher lässt sich nur der Verlauf modifizieren, daher ist es ratsam die Therapieentscheidung zusammen mit dem Patienten unter Abwägung des potenziellen Nutzens gegen das Risiko der kurz- und langfristigen Verträglichkeit abzuwägen. Eine Immuntherapie sollte angeboten werden, nachdem mindestens ein klinisch objektivierbarer Schub erfolgt ist, oder MRT-Aktivität in den letzten zwei Jahren zu verzeichnen war. Dabei sind junges Lebensalter, polysomatischer Beginn, schlechte Rückbildung des Schubes, eine hohe Läsionslast, spinale oder infratentorielle Läsionen und eine quantitative intrathekale Immunglobulinsynthese Argumente für das frühe Einleiten der Immuntherapie. Heutzutage unterscheidet man drei Wirksamkeitskategorien:

  • Kategorie 1: Reduktion der Schubrate im Vergleich zu Placebo um 30-50 %. Wirkstoffe dieser Kategorie sind β-Interferone (RRMS, SPMS), Dimethylfumarat (RRMS), Glatirameroide (RRMS) und Teriflunomid (RRMS).

  • Kategorie 2: Reduktion der Schubrate im Vergleich zu Placebo um 50-60 %. Wirkstoffe dieser Kategorie sind Cladribin (hochaktive RRMS), Fingolimod (RRMS) und Ozanimod (RRMS, in den USA auch SPMS).

  • Kategorie 3: Reduktion der Schubrate im Vergleich zu Placebo um mehr als 60 % oder mehr als 40 % im Vergleich mit Wirkstoffen der Kategorie 1. Dazu gehören Alemtuzumab (hochaktive RRMS), Natalizumab (hochaktive RRMS) und die CD20-Antikörper Ocrelizumab (RRMS und PPMS), Oftatumumab ((RRMS und SPMS) und Rituximab (nur off label).

Die Wahl des Immuntherapeutikums sollte sich nach der Schwere des Verlaufs und der Prävalenz und den Komorbiditäten des Patienten richten. Bei Frauen mit Kinderwunsch sollte Teriflunomid wegen seines teratogenen Potentials nicht eingesetzt werden.

Das Auftreten von schweren Nebenwirkungen ist in Kategorie 1 weniger ausgeprägt als in den Kategorien 2 und 3, aber es kann vorkommen, dass die Verträglichkeit im Alltag für die Kategorie 1 schlechter ist, als für die anderen beiden Gruppen. Einige Präparate wurden inzwischen aufgrund der allgemein schlechteren Verträglichkeit als Reservepräparate eingestuft. Dazu gehören Mitoxantron (hochaktive RRMS), Azathioprin (RRMS) und intravenöse Immunglobuline. MTX und Cyclophosphamid sollten nur als Reserveoption eingesetzt werden, wenn zusätzlich Erkrankungen vorliegen, die durch den Einsatz dieser Wirkstoffe verbessert werden.

Regelmäßige Kontrollen der Krankheitsaktivität sind durch MRT-Kontrollen durchzuführen (zunächst nach 6 Monaten, dann jährlich), wobei Gadolinium-haltige Kontrastmittel nur eingesetzt werden sollten, wenn es um die Detektion eines aktiven Schubes geht, da sich der Wirkstoff im Gehirn ablagern kann (Folgen unbekannt). Auch sogenannte zyklische Kontrastmittel sollten nur sparsam eingesetzt werden.

Über eine Therapieeskalation in die nächste Kategorie sollte entschieden werden, wenn unter der bisherigen Therapie mindestens ein klinisch objektivierbarer Schub, ein solcher Schub und mehr als eine weitere MS-typische Läsion im MRT oder mehr als eine zeitlich unabhängige neue Läsion innerhalb von 2 Jahren auftreten.

Wirkstoffe der Kategorie 2 und 3 sollten bei schlechter Prognose der RRMS oder schweren Verläufen der SPMS sowie PPMS (hier nur CD20-Antikörper) zum Einsatz kommen. Hier sind besondere Sicherheitsaspekte nicht nur bezüglich der Verhütung und Familienplanung in Betracht zu ziehen. Die S1P-Modulatoren (z. B. Ozanimod) weisen ein hohes Rebound-Potenzial nach Absetzen auf. Die Wirkstoffe der Kategorie 3 (v. a. Natalizumab) bergen besonders die Gefahr einer therapieassoziierten progressiven multifolkalen Leukenzephalopathie (PML), komplikativer Verläufe nach einer Therapie mit Alemtuzumab und ein erhöhtes Risiko für infektiöse Komplikationen durch CD20-Antikörper (Rituximab und Ocrelizumab).

Über das Absetzen einer Immuntherapie sollte nachgedacht werden, wenn in höherem Lebensalter die Nebenwirkungen insbesondere des Immunsystems ansteigen. Außerdem kann bei geringer Krankheitsaktivität nach 5 Jahren über eine Therapiepause oder ein Absetzen der Therapie nachgedacht werden. Bei einigen Wirkstoffen (Fingolimod und Natalizumab) sollte jedoch die Gefahr eines Rebound-Effektes bedacht werden. Im Falle einer Deeskalation oder Absetzen der Therapie sollte nach 6 und 12 Monaten und dann jährlich eine MRT-Verlaufskontrolle durchgeführt werden.

Die individuelle Behandlung symptomatischer Beschwerden stellt einen wichtigen Bestandteil der Betreuung von MS-Erkrankten dar. Neben medikamentösen Behandlungen gehören dazu auch Physio-, Ergo- und Psychotherapie, Logopädie, neuropsychologische Therapie und psychosoziale Betreuung. Außerdem Neuromodulation, Hilfsmittelversorgung und multimodale Rehabilitation und Palliativversorgung.

Ernährung und Gifte

Die Einnahme von Vitamin D kann sich bei vorliegendem Mangel positiv auf Verlauf und Schwere von Schüben auswirken. Ein vorliegender Vitamin-D-Mangel sollte daher ausgeglichen werden, wobei 4.000-10.000 I.E. pro Tag als sicher gelten. Bei höheren Dosierungen droht eine Hyperkalzämie die zu Nierenschäden und Osteoporose führen kann.
Ebenso ist eine ausgewogene Ernährung ratsam, die Fett- und Salzarm sein sollte.
Rauchen wirkt sich nachteilig aus.
Bei einem normalen Alkoholkonsum konnten noch keine negativen Einflüsse festgestellt werden.

Schwangerschaft und Stillzeit

Bei MS erkrankten Frauen steigt das Risiko für Infektionen in der Schwangerschaft an. Bis zum dritten Trimenon sinkt die Schubrate, aber bei 30 % der Mütter kommt es innerhalb der ersten 3 Monate nach der Entbindung zu Schüben. Eine Glukokortikoidtherapie (GKS) im ersten Trimenon kann zu Kiefer-Lippen-Gaumenspalten führen, aber danach wird die Therapie eines Schubes mit Methylprednisolon als sicher eingestuft. Stillende Frauen sollten eine Stillpause von 1-4 Stunden einhalten, um die Konzentration des Kortisons in der Muttermilch zu reduzieren.

Kinder und Jugendliche

Ein Schub sollte auch bei Kindern innerhalb von 2-5 Tagen nach Beginn der Syptomatik intravenös mit einmal täglich 20 mg/kg KG Methylprednisolon für 3-5 Tage behandelt werden. Für eine bessere Verträglichkeit sollte auch ein Protonenpumpmenhemmer gegeben werden. Ein bis 2 Wochen später sollte eine Re-evaluierung erfolgen und die Therapie ggf. in gleicher Weise wiederholt werden. Bei gravierenden Symptomen, die sich durch die Steroidpulstherapie nicht bessern sollten zeitnah 5 Zyklen Plasmapherese oder Immunadsorption durchgeführt werden.
Für leichte bis mittelschwere Verläufe der RRMS stehen für Kinder Interferone und Glatirameroide, sowie Teriflunomid (ab 10 Jahren) und Dimethylfumarat (ab 13 Jahren) zu Verfügung.
Für Kinder > 10 Jahre die, unter der Basistherapie Schübe entwickeln oder unter einem sehr aktiven Verlauf leiden, kann Fingolimod eingesetzt werden. Generell ist zu beachten, dass bei einem Wechsel der Therapie aufgrund von nicht tolerierbaren Nebenwirkungen immer abgewartet werden sollte, bis die Nebenwirkungen abgeklungen sind. Die Behandlung sollte dann mit einem anderen Medikament der gleichen Kategorie fortgesetzt werden. Wenn bei Kindern und Jugendlichen eine Immuntherapie gestartet wird, sollte bei Verordnung von Präparaten, die keine Zulassung für diese Altersgruppe haben eine Genehmigung eingeholt werden, um Regressforderungen zu vermeiden.
Die Prognose der MS kann durch eine effektive Therapie in den ersten Jahren der Erkrankung, wenn die Entzündung am stärksten ist, entscheidend verbesssert werden.

Ältere Patienten

Auch bei Erstdiagnosen im höheren Alter, sollte den Patienten eine Immuntherapie angeboten werden, wobei sie engmaschiger auf das Auftreten von Nebenwirkungen wie Infektionen oder kardiovaskuläre Komplikationen hin untersucht werden sollten.

Dosierung

1 x täglich 0,25 bis 0,5 mg Fingolimod (= 1 Kapsel) peroral

Bei Ersttherapie bzw. Wiederaufnahme der Therapie ist eine Überwachung von Blutdruck und Puls über mindestens sechs Stunden unter ärztlicher Kontrolle notwendig.

Patientenhinweis

Vor Therapiebeginn mit Fingolimod müssen Patienten auf eine Immunität gegen Varizellen geprüft und gegebenenfalls eine vollständige Impfung gegen Varizellen mit ausreichendem Abstand zu einem Therapiebeginn durchgeführt werden.
Vor Therapiebeginn mit Fingolimod sollten Frauen im gebärfähigen Alter über die möglicherweise schwerwiegenden Folgen für das ungeborene Kind und die Notwendigkeit einer zuverlässigen Verhütungsmethode während der Behandlung aufgeklärt werden. Ebenso muss ein negativer Schwangerschaftstest vorliegen.
Während der Therapie sind Patienten angehalten, dem behandelnden Arzt Symptome einer Infektion zu melden.
Weiterhin sind regelmäßige Kontrollen von Blutbild, Leberwerten, Augenhintergrund und Haut vor und während der Behandlung notwendig.

Nebenwirkungen

  Infektionen

Unter einer Behandlung mit Fingolimod sinkt die Zahl der peripher im Blut vorhandenen Lymphozyten auf 20-30 % des Ausgangswertes. Darunter erhöht sich zwar nicht die Gesamtrate an Infektionen, jedoch die Zahl der schwerwiegenden Infektionen.  Hierbei sind besonders Infektionen der unteren Atemwege wie z. B. Pneumonien zu nennen, wobei vermehrt auch atypische Erreger wie z. B. atypische Mykobakterien vorkommen. Weiterhin kommt es vermehrt zu schwerwiegenden Herpes- und Kryptokokken-Infektionen.

Nach Markteinführung sind Fälle von progressiver multifokaler Leukenzephalopathie (PML), die durch das John-Cunningham-Virus ausgelöst wird, bekannt geworden. Es sei darauf hingewiesen, dass auch ein negativer anti-JCV-Antikörpertest vor einem Therapiebeginn mit Fingolimod die Möglichkeit einer anschließenden Infektion mit JCV nicht ausschließt. Daher muss bei regelmäßigen Kontroll-MRT-Aufnahmen immer auf Läsionen, die auf eine PML hindeuten könnten, geachtet werden.

  Bradyarrhythmie

Der Therapiebeginn geht mit einem Abfall der Herzfrequenz und eventuell einer verzögerten atrioventrikulären Überleitung einher, wobei die niedrigste Herzfrequenz in der Regel innerhalb von sechs Stunden erreicht wird und danach wieder ansteigt. Die mittlere Herzfrequenz sinkt vorrübergehend um etwa 12-13 Schläge/min. Der Effekt der Herzfrequenz-Senkung schwächt sich in den folgenden Einnahmetagen mehr und mehr ab und erreicht in der Regel innerhalb eines Monats wieder den Ausgangswert. Die Bradykardie verläuft meist asymptomatisch. Einige Patienten zeigen darunter eine Hypotonie, Schwindel und Müdigkeit. Nach Therapiebeginn kam es bei 4,7 % zu einem AV-Block 1. Grades und bei 0,2 % zu einem AV-Block 2. Grades.

Alle Patienten müssen vor der Erstgabe bzw. erneutem Therapiebeginn bis mindestens sechs Stunden nach der Einnahme von Fingolimod auf Zeichen und Symptome einer Bradykardie überwacht werden. Dabei empfiehlt sich die kontinuierliche Echtzeit-EKG-Überwachung mit stündlichen Puls- und Blutdruckkontrollen. Der Zeitraum der Überwachung ist zu verlängern, wenn die Herzfrequenz nach sechs Stunden am niedrigsten ist, sich ein AV-Block 2. Grades oder höher zeigt oder das QTc-Intervall >500 ms beträgt. Die Abnahme der Herzfrequenz tritt u. U. auch an den folgenden Tagen jeweils nach der Einnahme von Fingolimod auf, allerdings in abgeschwächter Form. Falls notwendig, kann eine durch Fingolimod bedingte Abnahme der Herzfrequenz durch die parenterale Gabe von Atropin oder Isoprenalin behoben werden.

  Makulaödem

Bei 0,5 % der Patienten trat im Verlauf der Therapie mit Fingolimod ein Makulaödem auf, wobei sich die meisten Fälle innerhalb der ersten 3-4 Monate ereigneten. Ein Makulaödem geht mit Sehstörungen wie z. B. verschwommenem Sehen und Verlust der Sehschärfe einher. Es wird empfohlen, 3-4 Monate nach Therapiebeginn mit Fingolimod den Augenhintergrund untersuchen zu lassen (Funduskopie). Gleiches gilt für neu aufgetretene Sehstörungen. Bei Diagnose eines Makulaödems wird ein Absetzen der Therapie mit Fingolimod empfohlen. In der Regel bessern sich nach Absetzen die Symptome, es gibt aber Fälle, in denen trotz Verschwinden des Ödems die Sehstörungen fortbestehen.

Bei bekannter Uveitis und/oder Diabetes wird eine ophthalmologische Untersuchung bereits vor Beginn einer Therapie mit Fingolimod und danach in regelmäßigen Abständen empfohlen, da die Inzidenz eines Makulaödems bei diesen Erkrankungen deutlich erhöht ist.

  Hypertonie, Gefäßkomplikationen (z. B. Migräne)

Im Verlauf einer Therapie mit Fingolimod erhöht sich der mittlere systolische Blutdruck um 3 mmHg, der diastolische um 1 mmHg. Eine Hypertonie unter Fingolimod wurde bei 6,5 % der Patienten beobachtet. Daher soll während der Behandlung der Blutdruck regelmäßig kontrolliert werden. Gegebenenfalls muss eine adäquate antihypertensive Therapie eingeleitet werden.

Fingolimod blockiert auch die Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptoren im Endothel. Damit könnten auch vorübergehende Ischämien in Zusammenhang stehen. So kommt es häufig (5 %) zu Migräne. In seltenen Fällen führen diese Ischämien jedoch auch zu schwerwiegenden Komplikationen wie Schlaganfall, peripher arterieller Verschlußkrankheit (pAVK), pulmonaler Hypertonie oder zu retinaler Mikrothrombose.

  Erhöhung der Leberwerte

Fingolimod kann zu Erhöhungen der Leberwerte (Transaminasen ALT, AST und GGT sowie Bilirubin) führen. Bei 8 % der Patienten kam es zu einem Anstieg der Transaminasen auf das 3fache der Norm, bei 1,8 % auf das 5fache der Norm.

Daher müssen vor Therapiebeginn sowie nach 1,3,6,9,12 Monaten, danach regelmäßig und zwei Monate nach Beendigung der Therapie ein Leberfunktionstests einschließlich Serumbilirubin durchgeführt werden.

Bei Abwesenheit von klinischen Symptomen, die auf eine Leberfunktionsstörung hinweisen
  • und einem Anstieg der Transaminasen auf über das 3-Fache der Obergrenze ohne Anstieg des Serumbilirubins, sollte eine engere Überwachung durchgeführt werden.
  • und einem Anstieg der Transaminasen auf über das 5-Fache der Obergrenze oder einem Anstieg der Transaminasen auf über das 3-Fache der Obergrenze mit gleichzeitigem Anstieg des Serumbilirubins, sollte die Behandlung mit Fingolimod unterbrochen werden.

Bei Vorliegen von klinischen Symptomen, die auf eine Leberfunktionsstörung hinweisen, wie ungeklärter Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, dunklem Urin oder Gelbsucht, sollte direkt ein Leberfunktionstests einschließlich Serumbilirubin durchgeführt werden. Falls eine relevante Schädigung der Leber vorliegt, sollte Fingolimod abgesetzt werden.


In einzelnen Fällen wurde von akutem Leberversagen, das eine Lebertransplantation erforderte, und von klinisch relevante Leberschäden berichtet.

  Husten, Dyspnoe

Unter einer Therapie mit Fingolimod kommt es sehr häufig zu Husten und häufig zu Dyspnoe (= Luftnot). Die Ursache dafür ist nicht bekannt. Bei klinischen Untersuchungen von Fingolimod-Patienten findet man jedoch eine Reduzierung der Einsekundenkapazität (FEV1; die exspiratorische Einsekundenkapazität ist das Volumen, das nach einer maximalen Einatmung innerhalb einer Sekunde ausgeatmet werden kann) und eine Reduzierung der Diffusionskapazität für Kohlenmonoxid (DLCO), was zu den o. a. Symptomen führen kann.

  Basalzellkarzinom

Fingolimod wird mit dem Auftreten von Basalzellkarzinomen der Haut in Verbindung gebracht. Vor Behandlungsbeginn mit Fingolimod und danach in jährlichen Abständen sollte ein Dermatologe eine medizinische Beurteilung der Haut durchführen.

  Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Schwindel

  Übelkeit, Diarrhoe

Sehr häufig kommt es unter der Anwendung von Fingolimod zu Diarrhoen, gelegentlich auch zu Übelkeit. Die Ursache dafür ist nicht bekannt.

Kontraindikationen

Immundefizienzysyndrom

Fingolimod erniedrigt die Zahl im Blut zirkulierender Lymphozyten. Patienten mit einem erhöhten Risiko opportunistischer Infektionen, einschließlich immungeschwächter Patienten (z. B. durch HIV) dürfen nicht mit Fingolimod behandelt werden. Unter der Therapie mit Fingolimod ist bei gleicher prozentualer Gesamtrate gegenüber Placebo die Zahl schwerer Pneumonien und Herpes-Infektionen erhöht. Auch sind vereinzelte Fälle einer Kryptokokken-Meningitis - einer Pilzinfektion, die mit psychiatrischen Veränderungen wie Verwirrtheit, Halluzinationen und Persönlichkeitsveränderungen einhergehen kann - beschrieben.

Nach Markteinführung von Fingolimod wurden Fälle einer progressiv multifokalen Leukenzephalopathie (PML) berichtet. Diese Infektion wird durch das John-Cunningham-Virus (JCV) verursacht. Es sei darauf hingewiesen, dass auch ein negativer anti-JCV-Antikörpertest die Möglichkeit einer anschließenden Infektion mit JCV nicht ausschließt.

Bestehende aktive Infektionen oder maligne Erkrankungen

Fingolimod erniedrigt die Zahl im Blut zirkulierender Lymphozyten. Bei schweren aktiven Infektionen wie z. B. Hepatitis oder Tuberkulose oder auch aktiven malignen Erkrankungen würde durch den Einsatz von Fingolimod die Immunabwehr zusätzlich beeinträchtigt. Daher ist der Einsatz von Fingolimod bei derartigen Erkrankungen kontraindiziert und eine Behandlung erst nach erfolgreicher Behandlung der Infektion in Erwägung zu ziehen.

Kardiale Erkrankungen

Fingolimod führt insbesondere zu Therapiebeginn zu einer vorübergehenden deutlichen Bradykardie und eventuell einer verzögerten atrioventrikulären Überleitung.

Fingolimod ist kontraindiziert bei:
  • Myokadinfarkt, instabiler Angina pectoris, Schlaganfall, transitorisch ischämischer Attacke, dekompensierter Herzinsuffizienz
  • Schweren Herzrhythmusstörungen
  • AV-Block 2. Grades Typ Mobitz II oder AV-Block 3. Grades oder Sick-Sinus-Syndrom
  • QT-Zeit-Verlängerung > 500 ms

Gefäßerkrankungen, die Bradykardien schlecht tolerieren

Fingolimod führt insbesondere zu Therapiebeginn zu einer vorübergehenden deutlichen Bradykardie und eventuell einer verzögerten atrioventrikulären Überleitung. Bestehende Gefäßerkrankungen wie z. B. ischämische Herzerkrankungen (Angina pectoris, Herzinfarkt) oder zerebrovaskuläre Erkrankungen wie z. B. Durchblutungsstörungen des Gehirns, aber auch eine schwere unkontrollierte Hypertonie tolerieren die zu erwartende Badykardie unter Fingolimod sehr schlecht. Von einer Behandlung mit Fingolimod wird daher abgeraten. Sollte eine Behandlung mit Fingolimod dennoch in Erwägung gezogen werden, weil der zu erwartende Nutzen die Risiken einer Behandlung überwiegt, sollte vor Beginn der Behandlung ein Kardiologe hinzugezogen werden.

Schwere Schlafapnoe

Fingolimod führt insbesondere zu Therapiebeginn zu einer vorübergehenden deutlichen Bradykardie und eventuell einer verzögerten atrioventrikulären Überleitung. Eine durch ein schweres Schlaf-Apnoe-Syndrom hervorgerufene Hypoxämie des Blutes (= verminderter Sauerstoffgehalt) kann in Kombination mit einer Bradykardie zu Ischämien in Gehirn und Herz führen. Von einer Behandlung mit Fingolimod wird daher abgeraten. Sollte eine Behandlung mit Fingolimod dennoch in Erwägung gezogen werden, weil der zu erwartende Nutzen die Risiken einer Behandlung überwiegt, sollte vor Beginn der Behandlung ein Kardiologe hinzugezogen werden.

Makulaödem

Bei einem Makulaödem wird Fingolimod nicht empfohlen, da sich unter der Therapie mit Fingolimod insbesondere in den ersten 3-4 Behandlungsmonaten ebenfalls ein Makulaödem entwickeln kann. Bei Patienten mit Diabetes und/oder bekannter Uveitis sollten vor Beginn einer Behandlung mit Fingolimod und danach regelmäßig eine ophthalmologische Untersuchung des Augenhintergrunds (= Funduskopie) durchgeführt werden, um ein Makulaödem auszuschließen.
Patienten mit neu auftretenden Sehstörungen sollten ophthalmologisch untersucht werden. Bei Diagnose eines Makulaödems wird ein Absetzen der Therapie mit Fingolimod empfohlen. In der Regel bessern sich nach Absetzen die Symptome, es gibt aber Fälle, in denen trotz Verschwinden des Ödems die Sehstörungen fortbestehen.

Schwere Leberinsuffizienz

Fingolimod kann zu Erhöhungen der Leberwerte (Transaminasen ALT, AST und GGT sowie Bilirubin) führen. Bei schweren Leberfunktionsstörungen ist Fingolimod daher kontraindiziert. Vor und während der Therapie mit Fingolimod müssen diese Leberwerte kontrolliert werden. Bei Erhöhung der Transaminasen über das 5fache der Norm wird ein Absetzen der Therapie mit Fingolimod empfohlen. Bei Symptomen einer Leberfunktionsstörung wie ungeklärter Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, dunklem Urin oder Gelbsucht müssen ebenfalls die Leberwerte kontrolliert werden. Auch hier muss die Therapie bei nachgewiesener Leberschädigung abgebrochen werden.

Kinder und Jugendliche unter 10 Jahren

Die Sicherheit und Wirksamkeit von Fingolimod ist bei Kindern und Jugendlichen unter 10 Jahren nicht erwiesen. Es kann keine Dosisempfehlung gegeben werden.

Frauen im gebärfähigen Alter, die keine wirksame Verhütungsmethode anwenden

Fingolimod ist in Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert. Tierexperimentelle Studien zeigten eine Reproduktionstoxizität von Fingolimod. Es kam zu Fehlgeburten und Organdefekten wie z. B. Ventrikelseptumdefekt und persistierender Truncus arteriosus. Darüber hinaus weiß man, dass der Sphingosin-1-Prosphat-Rezeptor, welcher durch Fingolimod blockiert wird, eine Rolle bei der Gefäßbildung in der Embryogenese spielt. Frauen im gebärfähigen Alter müssen vor Beginn einer Therapie mit Fingolimod einen negativen Schwangerschaftstest haben und über die Risiken für das ungeborene Kind bei einer eintretenden Schwangerschaft aufgeklärt werden. Während der Behandlung mit Fingolimod wird eine aktive, zuverlässige Verhütungsmethode empfohlen. Bei Schwangerschaftswunsch muss die Therapie mit Fingolimod in Absprache mit dem behandelnden Arzt abgebrochen werden. Die vollständige Elimination von Fingolimod kann bis zu zwei Monate dauern. Für diesen Zeitraum sollte weiterhin zuverlässig verhütet werden.

Fingolimod wird über die Muttermilch ausgeschieden. Es sollte nicht gestillt werden.

Schwangerschaft und Stillzeit

Fingolimod ist in Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert. Tierexperimentelle Studien zeigten eine Reproduktionstoxizität von Fingolimod. Es kam zu Fehlgeburten und Organdefekten wie z. B. Ventrikelseptumdefekt und persistierender Truncus arteriosus. Darüber hinaus weiß man, dass der Sphingosin-1-Prosphat-Rezeptor, welcher durch Fingolimod blockiert wird, eine Rolle bei der Gefäßbildung in der Embryogenese spielt. Frauen im gebärfähigen Alter müssen vor Beginn einer Therapie mit Fingolimod einen negativen Schwangerschaftstest haben und über die Risiken für das ungeborene Kind bei einer eintretenden Schwangerschaft aufgeklärt werden. Während der Behandlung mit Fingolimod wird eine aktive, zuverlässige Verhütungsmethode empfohlen. Bei Schwangerschaftswunsch muss die Therapie mit Fingolimod in Absprache mit dem behandelnden Arzt abgebrochen werden. Die vollständige Elimination von Fingolimod kann bis zu zwei Monate dauern. Für diesen Zeitraum sollte weiterhin zuverlässig verhütet werden.

Fingolimod wird über die Muttermilch ausgeschieden. Es sollte nicht gestillt werden.

Wechselwirkungen

  Immunmodulatoren, Immunsuppressiva, Tumortherapeutika

Fingolimod erniedrigt die Zahl der im Blut zirkulierenden Lymphozyten auf 20-30 % des Ausgangswertes. Immunmodulatoren, Immunsuppressiva und Tumortherapeutika können diesen Effekt verstärken und die Gefahr von schwerwiegenden Infektionen deutlich erhöhen. Besondere Vorsicht ist auch geboten, wenn von anderen bei MS eingesetzten langwirksamen Immunmodulatoren bzw. Immunsuppressiva wie z. B. Natalizumab, Teriflunomid oder Mitoxantron auf Fingolimod umgestellt werden soll. Auch bei der Umstellung von Fingolimod auf andere Immunmodulatoren bzw. Immunsuppressiva muss berücksichtigt werden, dass die Auswaschphase von Fingolimod ca. zwei Monate in Anspruch nimmt und ein vorzeitiges Einsetzen des neuen Arzneistoffs zu additiven Effekten am Immunsystem im Sinne einer Immunsuppression führen kann.

Die gleichzeitige kurzfristige Anwendung von Glucocorticoiden zur Schubbehandlung einer MS erhöht das Infektionsrisiko nicht.

Immunmodulatoren, Immunsuppressiva, Tumortherapeutika anzeigen

  Impfstoffe

Während und bis zwei Monate nach einer Behandlung mit Fingolimod kann die Wirksamkeit von Impfungen abgeschwächt sein. Die Anwendung von attenuierten Lebendimpfstoffen stellt ein Infektionsrisiko dar und sollte daher unterbleiben.

Eine Infektion mit Varizellen unter der Therapie mit Fingolimod kann sehr schwerwiegend verlaufen. Daher müssen Patienten vor einer Therapie mit Fingolimod auf Immunität gegen Varizellen hin überprüft werden. Liegt keine Immunität gegen Varizellen vor, muss eine vollständige Impfung mit einem attenuierten Lebendimpfstoff vor Beginn einer Therapie mit Fingolimod erfolgen. Der Beginn der Fingolimod-Therapie ist so lange hinauszuzögern, bis die Impfung gegen Varizellen ihre volle Wirkung etwa nach vier Wochen erreicht hat.

  Bradykardie-induzierende Substanzen

Die gleichzeitige Anwendung von Bradykardie-induzierenden Substanzen wie z. B. Betablockern, Calciumkanal-Antagonisten wie Verapamil bzw. Dltiazem, Digitalis-Glykosiden oder Parasympathomimetika wie Cholinesterasehemmern bzw. Pilocarpin kann den bradykarden Effekt von Fingolimod erhöhen. Soll trotzdem eine gleichzeitige Anwendung erfolgen, wird empfohlen, vor Behandlungsbeginn einen Kardiologen zu konsultieren.

Bradykardie-induzierende Substanzen anzeigen

  Behandlung mit Antiarrhythmika, z. B. Chinidin oder Amiodaron

Fingolimod wurde bei Patienten, die gleichzeitig eine Behandlung mit Klasse Ia-Antiarrhythmika wie z. B. Chinidin oder Klasse-III-Antiarrhythmika wie z. B. Amiodaron oder Sotalol erhalten, nicht untersucht. Da diese Arzneistoffe wie Fingolimod mit Bradykardien und Torsade de pointes infolge QT-Zeit-Verlängerungen in Zusammenhang gebracht werden, ist bei diesen Patienten eine Therapie mit Fingolimod kontraindiziert.

  Starke CYP3A4-Inhibitoren

Fingolimod wird vorwiegend über CYP4F2 verstoffwechselt.

CYP3A4 spielt bei der Metabolisierung eine untergeordnete Rolle: Dennoch sollte bei starken CYP3A4-Inhibitoren auf eine möglicherweise verstärkte Wirkung von Fingolimod geachtet werden. Die gleichzeitige Anwendung von Ketoconazol führt zu einer Erhöhung der AUC von Fingolimod um 1,7.

Starke CYP3A4-Inhibitoren anzeigen

  Starke CYP3A4-Induktoren

Fingolimod wird vorwiegend über CYP4F2 verstoffwechselt.

CYP3A4 spielt bei der Metabolisierung eine untergeordnete Rolle: Dennoch sollte bei starken CYP3A4-Induktoren auf eine möglicherweise verringerte Wirkung von Fingolimod geachtet werden. Die gleichzeitige Anwendung mit echtem Johanniskraut wird nicht empfohlen.


Starke CYP3A4-Induktoren anzeigen

Strukturformel

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Wirkmechanismus

Fingolimod ähnelt dem physiologisch vorkommenden Sphingosin, das nach Phosphorylierung zu Sphingosin-1-Phosphat (S1P) zu den Lipidmediatoren zählt. Fingolimod wird im Körper durch die Sphingosin-Kinase zu Fingolimod-Phosphat umgewandelt. Fingolimod-Phosphat kann an die Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptoren binden und diese als funktioneller Antagonist blockieren. Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptoren sind G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, die in den Subtypen 1-3 vorkommen. Der für die Wirkung von Fingolimod interessante Rezeptor ist der besonders auf Lymphozyten, im ZNS und im Endothel vorkommende S1P1-Rezeptor. Er vermittelt die Auswanderung von Lymphozyten aus peripheren lymphatischen Geweben wie z. B. Lymphknoten. Weiterhin sind sie an der Aufrechterhaltung der endothelialen Barriere, an der Regulation von Vagotonus und Herzfrequenz sowie an der Neurogenese beteiligt.

Fingolimod-Phospat blockiert die Migration von Lymphozyten aus den Lymphknoten. Dadurch sinkt die Zahl der peripher im Blut vorhandenen Lymphozyten auf 20-30 % des Ausgangswertes und erreicht Werte von ca. 500 Zellen/µl. Bei 18 % der Patienten sinken die Werte sogar unter 200 Lymphozyten/µl. Mit der Abnahme der peripher im Blut zirkulierenden Lymphozyten sinkt auch die Zahl der in das ZNS infiltrierenden pathogenen Lymphozyten einschließlich pro-inflammatorischer Th17-Zellen, die an der Zerstörung von Nervengewebe beteiligt sind.

Fingolimod selbst überwindet sehr leicht die Blut-Hirn-Schranke und kann auch die S1P1-Rezeptoren auf Nervenzellen blockieren. Eine mögliche Wirkung über diese direkte Wirkung auf Nervenzellen wird diskutiert.
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Patientenhinweis

Fingolimod ist 2011 zugelassen worden und unterliegt einer zusätzlichen Überwachung, um neue Erkenntnisse zur Sicherheit des Präparates schnell erfassen zu können.

Eine Infektion mit Varizellen unter der Therapie mit Fingolimod kann sehr schwerwiegend verlaufen. Daher müssen Patienten vor einer Therapie mit Fingolimod auf Immunität gegen Varizellen hin überprüft werden. Liegt keine Immunität vor, muss eine vollständige Impfung gegen Varizellen erfolgen. Der Beginn der Fingolimod-Therapie ist so lange hinauszuzögern, bis die Impfung gegen Varizellen ihre volle Wirkung etwa nach vier Wochen erreicht hat.

Tierexperimentelle Studien zeigten eine Reproduktionstoxizität von Fingolimod. Es kam zu Fehlgeburten und Organdefekten wie z. B. Ventrikelseptumdefekt und persistierendem Truncus arteriosus. Darüber hinaus weiß man, dass der Sphingosin-1-Prosphat-Rezeptor, welcher durch Fingolimod blockiert wird, eine Rolle bei der Gefäßbildung in der Embryogenese spielt. Frauen im gebärfähigen Alter müssen vor Beginn einer Therapie mit Fingolimod einen negativen Schwangerschaftstest haben und über die Risiken für das ungeborene Kind bei einer eintretenden Schwangerschaft aufgeklärt werden. Während der Behandlung mit Fingolimod wird eine aktive, zuverlässige Verhütungsmethode empfohlen. Bei Schwangerschaftswunsch muss die Therapie mit Fingolimod in Absprache mit dem behandelnden Arzt abgebrochen werden. Die vollständige Elimination von Fingolimod kann bis zu zwei Monate dauern. Für diesen Zeitraum sollte weiterhin zuverlässig verhütet werden.

Weiterhin wird empfohlen, vor und während der Therapie mit Fingolimod regelmäßig ein großes Blutbild abzunehmen, weil die Lymphozytenzahl im Blut unter der Behandlung deutlich absinkt und Bereiche erreichen kann, in denen das Infektionsrisiko ansteigt. Während der Behandlung mit Fingolimod sollten die Patienten den behandelnden Arzt über Symptome einer Infektion informieren, damit gegebenenfalls effektive diagnostische und therapeutische Maßnahmen eingeleitet werden können. Falls eine schwere Infektion auftritt, sollte ein Absetzen der Therapie mit Fingolimod in Betracht gezogen werden. Nach dem Absetzen von Fingolimod sollten Patienten noch zwei Monate lang über eventuelle Zeichen einer Infektion berichten, da die Auswaschphase wegen der langen Halbwertszeit von Fingolimod in etwa diesen Zeitraum in Anspruch nimmt.

Wegen der möglichen Entwicklung eines Makulaödems unter Fingolimod wird empfohlen, nach 3-4 Monaten den Augenhintergrund (= Funduskopie) untersuchen zu lassen.  Bei bekannter Uveitis und/oder Diabetes wird diese Untersuchung bereits vor Beginn einer Therapie mit Fingolimod und danach in regelmäßigen Abständen empfohlen. Patienten mit neu auftretenden Sehstörungen sollten ophthalmologisch untersucht werden. Bei Diagnose eines Makulaödems wird ein Absetzen der Therapie mit Fingolimod empfohlen. In der Regel bessern sich nach Absetzen die Symptome, es gibt aber Fälle, in denen trotz Verschwinden des Ödems die Sehstörungen fortbestehen.

Fingolimod kann zu Erhöhungen der Leberwerte (Transaminasen ALT, AST und GGT sowie Bilirubin) führen.
Daher müssen vor Therapiebeginn sowie nach 1,3,6,9,12 Monaten, danach regelmäßig und zwei Monate nach Beendigung der Therapie ein Leberfunktionstests einschließlich Serumbilirubin durchgeführt werden.

Bei Abwesenheit von klinischen Symptomen, die auf eine Leberfunktionsstörung hinweisen
  • und einem Anstieg der Transaminasen auf über das 3-Fache der Obergrenze ohne Anstieg des Serumbilirubins, sollte eine engere Überwachung durchgeführt werden.
  • und einem Anstieg der Transaminasen auf über das 5-Fache der Obergrenze oder einem Anstieg der Transaminasen auf über das 3-Fache der Obergrenze mit gleichzeitigem Anstieg des Serumbilirubins, sollte die Behandlung mit Fingolimod unterbrochen werden.

Bei Vorliegen von klinischen Symptomen, die auf eine Leberfunktionsstörung hinweisen, wie ungeklärter Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, dunklem Urin oder Gelbsucht, sollte direkt ein Leberfunktionstests einschließlich Serumbilirubin durchgeführt werden. Falls eine relevante Schädigung der Leber vorliegt, sollte Fingolimod abgesetzt werden.

Fingolimod wird mit dem Auftreten von Basalzellkarzinomen der Haut in Verbindung gebracht. Vor Behandlungsbeginn mit Fingolimod und danach in jährlichen Abständen sollte ein Dermatologe eine medizinische Beurteilung der Haut durchführen.
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Dosierung

Erwachsene: 1 x taglich 0,5 mg Fingolinod
Kinder < 40 kg: 1 x taglich 0,25 mg Fingolinod
Kinder > 40 kg: 1 x taglich 0,5 mg Fingolinod

Bei Patienten über 65 Jahren darf Fingolimod nur mit Vorsicht angewendet werden. Für Patienten mit leichten bis schweren Nierenfunktionsstörungen ist keine Dosisanpassung erforderlich. Dennoch sei darauf hingewiesen, dass diese Patientengruppe in den Zulassungsstudien nicht untersucht wurde. Auch bei Patienten mit leichten bis mittelschweren Leberfunktionsstörungen ist keine Dosisanpassung nötig. Hingegen darf es bei Patienten mit schweren Leberfunktionsstörungen (= Child-Pugh-Klasse C) nicht angewendet werden. Patienten mit Diabetes sollen angewiesen werden, wegen des erhöhten Risikos eines Makulaödems regelmäßige ophthalmologische Kontrollen durchführen zu lassen.

Bei Therapiebeginn, erneutem Therapiebeginn nach Unterbrechung der Therapie und Erhöhung der Dosierung bei Kindern die ein konstantes Körpergewicht über 40 kg erreichen, muss eine Überwachung des Patienten stattfinden. Als erneuter Therapiebeginn wird angesehen, wenn die Therapie…
  • einen oder mehrere Tage während der ersten zwei Behandlungswochen oder
  • mehr als sieben Tage während der dritten und vierten Behandlungswoche oder
  • mehr als zwei Wochen nach einem Behandlungsmonat unterbrochen wurde.

Alle Patienten müssen vor der Erstgabe bzw. erneutem Therapiebeginn bis mindestens sechs Stunden nach der Einnahme von Fingolimod auf Zeichen und Symptome einer Bradykardie überwacht werden. Dabei empfiehlt sich die kontinuierliche Echtzeit-EKG-Überwachung mit stündlichen Puls- und Blutdruckkontrollen. Der Therapiebeginn geht mit einem Abfall der Herzfrequenz und eventuell einer verzögerten atrioventrikulären Überleitung einher, wobei die niedrigste Herzfrequenz in der Regel innerhalb von sechs Stunden erreicht wird und danach wieder ansteigt. Der Effekt der Herzfrequenz-Senkung schwächt sich in den folgenden Einnahmetagen mehr und mehr ab, so dass hier keine Monitor-Überwachung mehr notwendig ist. Der Zeitraum der Überwachung ist zu verlängern, wenn die Herzfrequenz nach sechs Stunden am niedrigsten ist, sich ein AV-Block 2. Grades oder höher zeigt oder das QTc-Intervall >500 ms beträgt. Die Abnahme der Herzfrequenz tritt u. U. auch an den folgenden Tagen jeweils nach der Einnahme von Fingolimod auf, allerdings in abgeschwächter Form. Falls notwendig, kann eine durch Fingolimod bedingte Abnahme der Herzfrequenz durch die parenterale Gabe von Atropin oder Isoprenalin behoben werden.

Wussten Sie schon?

Die Wirkstoffprofile gibt es auch zum Download.

Vorteile: Offline verfügbar, Lerntools, Fortbildungen u.v.m.

Mehr erfahren Sie auf www.wirkstoffprofile.de.

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