Gonokokken (= Neisseria gonorrhoeae) können beim Menschen eine Gonorrhoe (= „Tripper“) verursachen. Der Name Neisseria geht auf den Entdecker Alber Neisser zurück. Gonokokken sind gramnegative aerobe, nierenförmige, meist paarweise gelagerte Kokken (= Diplokokken). Sie haben keine echte Kapsel wie die Meningokokken, sondern entziehen sich durch in die Membran eingelagerte Lipooligosaccharide und Peptidoglykane der Immunantwort des Wirtes. Der Kontakt zu Wirtszellen erfolgt über Adhäsine. Dabei ermöglichen Pilus-Proteine die Bewegung, über OPA-Proteine (engl. für opacity, Kolonien erscheinen trübe) werden die jeweiligen Zielstrukturen Fibroblasten, Epithelzellen und Makrophagen angesteuert. Gonokokken bilden eine IgA-Protease, die IgA-Antikörper auf Schleimhäuten spaltet. Durch Abspaltung des eigentlich an Phagozyten bindenden Fc-Teils kann einerseits die Phagozytose verhindert und damit ein wichtiger Teil des epithelialen Abwehrmechanismus außer Kraft gesetzt werden, andererseits wird durch die Bindung des körpereigenen Fab-Fragments an der Gonokokken-Membran die Fremderkennung unterdrückt. Die Gonokokken werden über die OPA-Proteine von den Epithelzellen phagozytiert und an der anderen, lumen-abgewandten Seite wieder ausgeschieden (= Transzytose).
Die Gonorrhoe ist weltweit verbreitet und gehört zu den sexuell übertragbaren Erkrankungen (= STD = sexual transmitted disease). In Deutschland gibt es seit 2001 keine Meldepflicht mehr, es gibt aber Bestrebungen, diese wieder einzuführen. Zahlen existieren nur noch aus Sachsen, wo es zwischen 2003 und 2011 mit 13,8 Fällen pro 100.000 Einwohner zu einer Verdopplung der Fallzahlen gekommen ist. Eine höhere Inzidenz muss bei Männern, die Sex mit Männern haben (= „MSM“), angenommen werden. Die Übertragung erfolgt als Schmierinfektion beim oralen bzw. genitalen Geschlechtsverkehr oder als Schmierinfektion unter der Geburt. Die Inkubationszeit liegt zwischen 1 und 14 Tagen, wobei sie bei der Frau in der Regel länger ist.
Befallen werden meist die Schleimhäute des Urogenitaltraktes. Bei Neugeborenen kann es zum Befall der Bindehäute kommen und eine eitrige Keratokonjunktivitis („Gonoblennorrhoe“) auslösen, die zur Erblindung führen kann. Weiterhin kann der Rachen (= Pharynx) und der Mastdarm (= Rektum) betroffen sein. Im Rahmen einer Sepsis können auch andere Organe angegriffen werden (= disseminierte Gonokokken-Infektion mit Monoarthritiden oder Pneumonie). Beim Mann verläuft eine Gonokokken-Infektion meist als schmerzhafte, eitrige Urethritis (= Harnröhren-Entzündung) mit Dysurie (= Schmerzen beim Wasserlassen) und eitrigem Ausfluss („Bonjour-Tropfen“ = eitriger Ausfluss beim morgendlichen Toilettengang). Bei Aufsteigen der Infektion kann sich eine Epididymitis (= Nebenhoden-Entzündung) und eine Prostatitis (= Entzündung der Vorsteherdrüse, Prostata) entwickeln. Bei der Frau verläuft die Infektion in 50 % der Fälle -und damit wesentlich häufiger als beim Mann- asymptomatisch. Klinische Symptome können ebenfalls Ausfluss (= Fluor) und Dysurie sowie eine Menorrhagie und Zwischenblutungen bei Mitbeteiligung des Endometriums (= Gebärmutter-Schleimhaut) sein. Bei Aufsteigen der Infektion kommt es zur Infektion des gesamten Beckens (= pelvic inframmatory disease, PID) mit Entzündung der Eileiter (= Salpingitis). Langfristig kann das zu Extrauteringraviditäten (= Eileiter-Schwangerschaften) und -wie beim Mann- auch zur Infertilität führen. Bei Infektionen in der Schwangerschaft kann es zu Abort oder Frühgeburt kommen. Die pharyngeale und/oder rektale Gonorrhoe geht mit weiteren entsprechenden Entzündungszeichen an den jeweiligen Orten einher.
Die Diagnostik erfolgt über den Erregernachweis im Abstrichpräparat, durch Anlegen von Kulturen, bei denen auch gleich ein Antibiogramm erstellt werden kann, und durch PCR-Methoden (= NAAT = Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren).
Wegen der Resistenzlage wird Benzylpenicillin (Penicillin G) zur Behandlung der Gonorrhoe nicht mehr empfohlen. Gonokokken nehmen über Transformation sehr leicht Resistenzplasmide, die für Penicillinasen codieren, auf. Derzeit wird in Deutschland die kombinierte Gabe von 1 g Ceftriaxon i.m./i.v. plus 1,5 g Azithromycin oral jeweils als Einmaldosis empfohlen. Bei einer Kontraindikation gegen i.m./i.v.-Gabe kann statt Ceftriaxon 800 mg Cefixim oral als Einmaldosis gegeben werden. Bei vorher nachgewiesener Empfindlichkeit kann auch 400 mg Cefixim oral, 500 mg Ciprofloxacin oral, 400 mg Ofloxacin oral (Gyrasehemmer aufgrund der z.T. irreversiblen Nebenwirkungen nur noch nach strenger Risiko-Nutzen-Bewertung) oder 1,5 g Azithromycin oral jeweils als Einmaldosis gegeben werden. Doxycyclin dient als Reservemittel, wenn eine Gonokokkeninfektion gepaart mit einer Clamydieninfektion vorliegt und Azithromycin nicht eingesetzt werden kann.
Bei jedem Neugeborenen wird unmittelbar nach der Geburt die (immer noch so genannte) Credé-Prophylaxe zur Vorbeugung einer evtl. unter der Geburt erfolgten Gonokokken-Infektion durchgeführt. Bis Anfang der 1990er Jahre bestand sie aus der Gabe einer 1-2 %igen Silbernitrat-Lösung in beide Bindehautsäcke. Heute werden Erythromycin-Augentropfen oder 2,5 %ige Povidon-Iod-Lösungen verwendet.